Gerade ist noch Sommerpause angesagt, doch die Theater in München haben bereits einige Aufführungen für die nächste Spielzeit geplant. Wir haben einen kleinen Überblick gewagt. Die kompletten Kritiken finden Sie in der aktuellen Ausgabe. Hier geht es zum Kiosk.
Theater in München: Die nächste Spielzeit
Herz aus Glas
Für treibende Unruhe sorgt der Elektrosound, den Samuel Wootton live in Schlagzeug und Synthesizer hämmert, und vor allem Pia Händler als unbeirrbare Seherin, die aus dem brütend in sich versunkenen Sonderling bei Herzog eine zunächst noch nach innen konzentrierte, dann aber glutredend, wutspuckende Greta-Kassandra macht. Anfangs versteckt unter einem seltsam gewundenen Objekt – verkohltes Gehirn oder Scheißhäuflein der Geschichte – fordert sie die bräsigen Perückenmenschen zur Umkehr auf, denn »in einer verkehrten Welt muss man rückwärts laufen, um vorwärtszukommen«. Eine Perspektive, die angesichts der zitierten Vergangenheit nur wenig Beruhigendes hat. (Silvia Stammen)
HERZ AUS GLAS
Marstall | 28. Sept., 3. Okt. | 20 Uhr | 9. Okt. | 19 Uhr
Tickets: 089 21851940
Gott
Gekonnt sammelt Schirach wiederum Argumente dafür und dagegen, komprimiert sie in den Stellungnahmen verschiedener Fachleute aus Medizin, Rechtsprechung und Religion. Im Zentrum steht Frau Gärtner, die nach dem Tod ihres Mannes nicht mehr leben und sich gleichzeitig für das Recht auf ein sauberes und selbstbestimmtes Lebensende einsetzen will. Begleitet wird sie von ihrem Anwalt, der dieses Recht in knackigen Plädoyers bewirbt. Die Situation aber bleibt von Anfang an unscharf: Was für eine Anhörung ist das? Warum hat Frau Gärtner einen Anwalt dabei? Was für Konsequenzen hat diese Abstimmung? (Anne Fritsch)
GOTT
Residenztheater | 29., 30. Sept., 8., 12. Okt. | 19.30 Uhr
Tickets: 089 21851940
Bayerische Suffragetten
Wie Gespenster schleicht das Ensemble anfangs auf die Bühne, als seien sie Untote, die aus dem Nebel kommen. Das jugendstilschwungvolle Drachenmotiv des Fotostudio Elvira prangt an der Rückwand der Bühne und wird später aus fahrbaren Podesten zu einer Art Flaggschiff zusammengesetzt (Bühne: Jil Bertermann). Zum wabernden Sound von Eva Jantschitsch, dem im Laufe des zweistündigen Abends klassenkämpferisch anmutende Lieder folgen, wollen sie Spuren finden, bewegen sich dabei wie mechanische Puppen und formulieren pathetisch: Erinnern heißt Kämpfen. (Christiane Wechselberger)
BAYERISCHE SUFFRAGETTEN
Kammerspiele | 26., 31. Okt. | 20 Uhr
Tickets: 089 23396600
Die Politiker
Der irre Gedankentrip durch die Nacht schreit nach Schuldigen, den Politikern eben, kann sie aber nicht dingfest machen. So bleiben alle mit ihrer Einsamkeit und Beziehungsunfähigkeit allein in dem Chaos, das sie auf der Bühne angerichtet haben. Eine ungeheure Wortmasse prasselt mit rhythmischer Wucht und wahnsinniger sprecherischer Präzision auf den Zuschauer ein, mit unendlichen Wiederholungen und Loop-Litaneien von »Politiker, Politiker« bis »Adolf Hitler, Adolf Hitler«. Eine Sprachlawine aus dem Kollektiv-Unterbewusstsein, das nicht weiß, was es sagen will. (Gabriella Lorenz)
DIE POLITIKER
Kammerspiele | 21. Sept., 11., 20. Okt.
20 Uhr | Tickets: 089 23396600
Die Tragödie des MacBeth
Wirklich spielen darf hier nur Macbeth – Jakob Immervoll windet sich gegen Ende sehr eindrucksvoll in Verzweiflungskrämpfen. Sein Blut ist am Ende das einzige, das live vergossen wird – ein Spritzer auf einer Leinwand. Zur packenden Tragödie reicht die höchst verkürzte Geschichte in Arnolds blutleerer Regie nicht. Vielleicht wird sie auf der größeren Bühne im neuen Volkstheater etwas lebendiger und blutvoller (ohne dass es fließen müsste). (Gabriella Lorenz)
DIE TRAGÖDIE DES MACBETH
Volkstheater | Tumblingerstr. 29
Spielzeit 2021/2022 (ab 15. Okt.)
Tickets ab 9. Sept. unter 089 5234655
(R)Evolution
Wäre das nicht was? Falls Künstliche Intelligenz jeden Besucher durchcheckt, könnte das Theater für jeden die Aufführung kreieren, die er gerade braucht. Damit lockt charmant Alecto in dem Stück »(R)Evolution. 21 Lektionen zum Überleben im 21. Jahrhundert« von Yael Ronen und Dimitrij Schaad, das im Jahr 2040 spielt. (…) Auf der genial einfachen Bühne (eine Kippwand, drei Bänke) von Thomas Flach inszeniert Jochen Schölch diese eigentlich trostlosen Zukunftsaussichten mit seinen tollen Schauspielern zwischen durchaus komisch und bedrückend ernst. Man sollte es weiterhin getrost dem Theater überlassen, was es für uns spielen will. (Gabriella Lorenz)
(R)EVOLUTION
Metropoltheater | Floriansmühlstr. 5 | wieder ab Dezember | Tickets: 089 32195533
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