Ihre Filme mit Klaus Lemke haben sie bekannt gemacht, nun dreht das Multitalent Saralisa Volm als Regisseurin ihr Spielfilmdebüt. Ein Drehortbesuch.

Saralisa Volm

Oberpfälzer Abgründe

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Saralisa Volm | © Jana Rodenbusch

Ein sonniger Dienstagnachmittag in einer weit abgelegenen Waldhütte der Bayerischen Staatsforsten im nordöstlichsten Zipfel der Oberpfalz. Hier, in der beinahe surreal wirkenden Torflohe- und PfrentschwiesenUrlandschaft in der Nähe des 3000-Seelen-Marktes Eslarn, fällt gerade die nächste Klappe für Saralisa Volms Langfilmregiedebüt »Schweigend steht der Wald«. Natürlich coronakonform: das heißt mit kleiner Crew, täglichen Schnelltests, gebührendem Sicherheitsabstand, ständiger Maskenpflicht und streng nach Gewerken getrennt sitzenden Teammitgliedern. »Mittagspause!«, zugegeben eine sehr späte, es ist schließlich schon 16.45 Uhr, raunt es kurz via Aufnahmeleitung über das stille Filmset.

Wenige hundert Meter von der grünen Grenze zwischen Bayern und Tschechien entfernt, adaptiert die Berliner Großstadtpflanze Wolfram Fleischhauers gleichnamigen Mysterythriller, der 2013 in einer Auflage von 65.000 Stück erschien und damals langsam wie eine Schlingpflanze auf den Bestsellerlisten nach oben kletterte. Inzwischen liegt die Gesamtauflage seiner Romane bei bemerkenswerten 1,3 Millionen verkauften Exemplaren. »Der Wald vergisst nichts«, heißt es in diesem mit Psychothriller-, Horrorelementen und deutscher Geschichte unterfüttertem Mysterydrama. Und vergessen wird die 35-jährige Wahlberlinerin, die im baden-württembergischen Hechingen zur Welt kam, ihre intensive Arbeitszeit in der Oberpfalz sicherlich nie. »Ich bin froh, dass wir einen literarischen Stoff, der in der Oberpfalz angesiedelt ist, vor Ort mithilfe des FFF Bayern drehen können«, erklärt das 1986 geborene Multitalent. Mit ihrem Mann Patrick Volm-Dettenbach, der als Produktionsleiter ebenfalls Teil des Filmstabs ist, und ihren vier Kindern lebt Saralisa Volm schon seit mehreren Monaten in und um Weiden.

Nach aufwendigem Location-Scouting und intensiver Filmmittelakquise hat sie die herrlich natürliche, »absolut authentische Atmosphäre« (Volm) dieses besonderen bayerischen Landstrichs schätzen und lieben gelernt. »Hier findet man noch jahrhundertealte Gehöfte, urige Tante-Emma-Läden und aus der Zeit gefallene Gasthöfe. Außerdem erleben wir hier eine ungemein positive Unterstützung durch die Bevölkerung«, erläutert Volm voller Verve. »Auch in den zugegeben speziellen Dialekt habe ich mich mittlerweile schon ganz gut eingehört«, fügt die 1,80 Metergroße Frau in schwarzer Jeans, schwarzem Rollkragenpullover und lässigen Doc-Martens-Stiefeln hinzu.

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Die Oberpfälzer Waldruhe trügt: Volms Spielfilmdebüt handelt von einem knallharten Mordfall | © Senkbeil PR

»Für Teile unseres Darstellerensembles wie zum Beispiel Henriette Confurius, die wir für die Titelrolle besetzten, haben wir extra einen Mundartcoach aus der Region engagiert«, erklärt Volm. Für weitere Mitglieder im Cast wie etwa Christina Baumer, die in einem kleinen Dorf in der nördlichen Oberpfalz aufwuchs, ist es natürlich eine besondere Freude, in ungekünstelter Kindheitssprache spielen zu dürfen, was dieser ungewöhnlichen Romanverfilmung einen Mehrwert garantiert.

Dass sich Saralisa Volm gerade für diesen durchaus sperrig-abgründigen Stoff als Langfilmerstling entschied, stand für die Regisseurin und Produzentin in Personalunion schnell fest. »Den Impuls, daraus einen Film zu machen, hatte ich unmittelbar beim ersten Lesen des Romans. Außerdem kenne ich den Autor Wolfram Fleischhauer schon gut, da wir beispielsweise bei ›Fikkefuchs‹ wunderbar zusammengearbeitet hatten. Die mysteriösen, unkonformen und überraschenden Momente haben mich magisch angezogen.« Im Zentrum ihrer ambitionierten Romanadaption begibt sich die 28-jährige Forstpraktikantin Anja Grimm auf eine obskure Spurensuche in ihre eigene Geschichte, genauso wie in die ihrer Eltern- und Großelterngeneration zwischen Floß und Weiden.

Schnell wird es blutig aufgrund eines brutalen Mordes, den der kognitiv eingeschränkte Xaver Leybach mit einem Spaten an seiner bettlägerigen Mutter beging. Und so ist es mit der seligen Ruhe in der Steinpfalz alsbald vorbei, wie die Einheimischen ihre geheimnisumwitterte, geschichtsträchtige Heimatregion immer schon nannten, die heute Bayerns Boomregion Nummer eins ist. Für die Umsetzung dieses gar nicht heimeligen Romanstoffes sind zahlreiche Originalkulissen und Naturwunder aus der atemberaubenden Kulturlandschaft zwischen Amberg und Weiden wie geschaffen. Kein Wunder, dass sich die Ex-Klaus-Lemke-Muse von Beginn an am richtigen Ort für den richtigen Stoff fühlte.

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Überhaupt ist Volm eine kreative Tausendsasserin, die gut in der deutschen Filmfestivalwelt vernetzt ist, sich im Produzentenverband für den Nachwuchs engagiert, selbstironische Bücher übers Elternsein (»Mamabeat«) oder für pfiffige NachwuchsforscherInnen (»Puff! Platsch! Peng! Mit 52 Experimenten durch das Jahr«) schreibt oder Musikvideos dreht. Mal kuratiert sie Gruppenausstellungen, mal agiert sie mit vollem Körpereinsatz in dem außergewöhnlichen ErotikKurzfilm »Hotel Desire« (Regie: Sergej Moya), zusammen mit dem nicht minder experimentierfreudigen Clemens Schick, oder plaudert über Begehren und Filmskandale in der Tele-5-Reihe »FSK Sex«.

Retrospektiv hat sie viel vom ewig vitalen Schwabinger Straßenköterfilmemacher Lemke gelernt. »Am Set bin ich der Boss. Es zählt Pünktlichkeit. Jedem muss jeden Tag klar sein, dass es am Ende nur um den Film geht: sonst nichts«, betont Volm. In Lemkes Guerillafilmschule (»Finale«/»Dancing with Devils«/»Schmutziger Süden«) lernte sie auf dem Hamburger Straßenkiez, im Berliner Großstadtschungel oder mit vogelwilden Maxvorstädter Bonvivants, dass Film eine »schöne, wilde Bestie« ist.

Überhaupt Volms intensive Beziehung zur Kamera. Mit ihrem ebenso smarten wie selbstbewussten Lächeln sowie ihren klugen Reflexionen hinsichtlich der Vorzüge wie Totalschäden des deutschen Förderungssystems, die sie regelmäßig äußert, nimmt sie innerhalb der deutschen Film- und Fernsehszene eine durchaus schillernde Position ein. Fortsetzung folgt, nicht nur im Oberpfälzer Wald, sondern vielleicht ja auch nächstes Jahr auf dem Filmfest München, wo schon »Fikkefuchs« die Prestigereihe »Neues Deutsches Kino« 2017 mit lautem Getöse eröffnet hatte. ||

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