Michel Decars »Rex Osterwald« auf Resi-Zoom spiegelt die aktuelle Wirklichkeit in Deutschland.

»Rex Osterwald« am Residenztheater

Wahlkampfspektakel

rex osterwald

Rex Osterwald (Lukas Rüppel) | © David Moser

Rex Osterwald ist Kanzlerkandidat. Dass die Presse ihn beharrlich »T-Rex« nennt, versteht er nicht. Er will, dass das Land ihn sieht, wie er sich sieht: als einen erfolgreichen Macher, einen, der die Lage im Griff hat, eine »gesamtdeutsche Erfrischung«. Dass die Uraufführung von Michel Decars Monolog »Rex Osterwald« nun als Zoom-Premiere im Residenztheater stattfindet, ist in diesem Falle gar nicht so schlimm: denn dieser Rex Osterwald ist Medienprofi, verwandelt sich vor der Kamera in einen charmanten Verführer.

David Moser inszeniert den Text als das, was er ist (und was auch Politik in diesen Zeiten häufig ist): ein Spektakel für die Medien. Insofern passt das Medium digitales Theater hier wirklich gut. Die Zuschauer*innen verfolgen die live gestreamte Imageshow zu Hause auf der Couch, als wäre das hier reales Polit-Fernsehen. Lukas Rüppel spielt Rex Osterwald. Hinter der Bühne trägt er sein T-Rex-Kostüm, das natürlich ein bisschen holzhammermäßig, aber auch wieder lustig ist. Auf der Bühne, bei der Übertragung seiner Wahlkampfrede, präsentiert er sich im schnieken Anzug als Liebling aller Schwiegermütter und hoffentlich auch der Wählerschaft. Klar, wenn er an »die Kandidatin« denkt, seine Konkurrentin, »die liebe Frau Kolatschny«, dann muss er sich schon zusammenreißen, die Contenance zu bewahren. Sie ist der Liebling der Medien, die sie zur »idealen Kanzlerin hochschreiben«.

Ja, man darf sagen, Michel Decar hatte einen guten Riecher, als er diesen Text schrieb. Eine Woche vor der Premiere wurde Annalena Baerbock zur Grünen-Kanzlerkandidatin gekürt. Auch real also: ein Wahlkampfduell Mann gegen Frau. Rüppel steht vor einem roten Vorhang, wenn er sich vorbeugt, hinunter zur Kamera, nimmt man tatsächlich die Perspektive des Theaterzuschauers ein, könnte sich beinahe einbilden, wirklich vor Ort zu sein. Das Setting hat ein bisschen was von Standup-Comedy, aber auch das passt: Manch eine Politikerrede des vergangenen Jahres hatte mehr komisches als politisches Potenzial, man denke nur an die legendären Biergarten- oder Hendl-Ausführungen von Hubert Aiwanger. Regisseur David Moser beherrscht das Spiel mit dem Medium, vertraut nicht auf eine starre Kameraperspektive, sondern wechselt zwischen Räumen, spielt auch mal ein aufgezeichnetes Video ein, in dem Rüppel sich im Innenhof der Residenz bewegt. Woher sein Spitzname kommt, ist anschließend keinem mehr ein Rätsel. Aber T-Rex will Kanzler werden. Und dafür ist jedes Mittel recht.

Dieser Osterwald ist in der Lage, gleichzeitig über Moral zu sprechen und über Leichen zu gehen. Der kurze Abend ist eine Ministudie über Populismus, über Eskalation, Provokation und Hetze. Auch ohne T-Rex-Kostüm kann hier jeder erkennen, wen oder was er vor sich hat. Er ist ein Politiker für »Vaterlandsliebhaber«, den »selbst ernannten Aktivisten«, die ihn kritisieren, wird er irgendwann nicht mehr helfen können. Dann wird ihnen der Prozess gemacht werden. »Diesmal, liebe Mitmörder, werden wir sie nicht davonkommen lassen.« Nein, verbergen tut dieser Osterwald nicht, wofür er steht. Wer sehen will, der sieht. ||

REX OSTERWALD
Residenztheater | 12., 26. Juni | 19.30 Uhr
Tickets: 089 21851940

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