»Art In Motion« versammelt seit 2008 im Zweijahresrhythmus Wissenschaften zum musikübergreifenden Dialog. Diesmal steht Rhythmus auf dem Programm.
Art in Motion: Rhythm!
Feel the Beat
Rhythmus, überall. Der Sportler spricht von Timing, der Börsenmakler auch. Für den Neurologen ist klar, dass rhythmische Prozesse Wahrnehmung und Weiterleitung von Informationen im Gehirn strukturieren, für den Kardiologen entsteht häufig Arbeit, wenn das Herz als zentrales rhythmisierendes Organ aus dem Takt kommt. Biologen sprechen von Tagesrhythmen, Jahresrhythmen, Lebensrhythmen. Rhythmus war auch ein Zentralbegriff der Lebensreform um 1900. Für den Kulturwissenschaftler können Rhythmen Ausdrucksformen einer gesellschaftlichen Verfasstheit sein, sie können Massen lenken, erleuchten, heilen. Und dann sind da auch noch die Musiker, für die der Rhythmus eines der grundlegenden Gliederungskriterien ist, das die klingende Gestaltung im Innersten zusammenhält, vom einzelnen Instrumentalisten bis hin zum Orchester als im Flow wogender Organismus. »Das Thema Rhythmus ist in unserem Leben omnipräsent«, meint Adina Mornell, Professorin an der Hochschule für Musik und Theater München und Initiatorin der Tagung »Art In Motion«. »Und doch ist ›Art In Motion‹ das erste interdisziplinäre Symposium, das angewandte Rhythmusstudien in den Mittelpunkt stellt und verschiedenste Perspektiven zusammenbringt.«
Das Themenspektrum ist weit gefasst. Elisabeth Klerman von der Harvard Medical School (USA) beispielsweise wird sich mit Biorhythmen und physiologischen Aspekte auseinandersetzen. Peter Keller vom MARCS Institute for Brain, Behaviour and Developement der Western Sydney University (Australien) skizziert die personenübergreifende rhythmische Koordination aus psychologischer und neurowissenschaftlicher Perspektive. Referent*innen aus Dänemark, Holland, der Schweiz und von verschiedenen deutschen Universitäten untersuchen Lern- und Koordinationsprozesse, Fragen musikalischer Kommunikation, Wahrnehmungs- und Verarbeitungsvorgänge im Gehirn und Körper, Synchronisation und Muskelaktivität bis hin zu den Feinheiten des großen musikalischen Geheimnisses, der Time. Das Vortragsprogramm wird von zahlreichen Workshops begleitet, die auch in der derzeit üblichen digitalen Symposiumsform aktive Elemente beisteuern. Dabei geht es um Improvisation und Groove Experience, um sportliche Aspekte, die die Idee eines Basketball-Matches mit dem der Bandkommunikation verknüpfen.
Themen wie Stressreduktion, rhythmisch mentale Gesundheit, Herzrhythmen, Rhythmustraining, aber auch übergreifende Fragen nach Pädagogik, rhythmischer Erfahrung und kultureller Öffnung am Beispiel regionaler Musikformen werden durchleuchtet. Um vor lauter Rhythmus nicht am Bildschirm zu kleben, gibt es »Snacktivities«, kurze Mini-Workshops mit Musik und Bewegung, und außerdem Diskussionsrunden und zwei besondere Events, ein Ensemblekonzert der Schlagzeugklassen der HMTM und eben ein ganz besonders rhythmisiertes Basketballspiel, das den Sport auf ungewohnte Weise erleben lässt. »Art In Motion« ist dabei ein Fachsymposium, richtet sich aber ausdrücklich auch an Wissenschaftler und Studierende unterschiedlicher Disziplinen. Anmeldungen also sind erwünscht, ebenso wie umfassender Austausch und Kooperationen in möglichst viele Richtungen. »Ziel des Symposiums ist es,« fasst Adina Mornell zusammen, »wissenschaftlich zu beleuchten, auf welche Weise Rhythmus die menschliche Biologie, das Verhalten, die Wahrnehmung und die Kunst beeinflusst.« Und den Spaß an der Musik, natürlich. ||
#ART IN MOTION: RHYTHM!
Hochschule für Musik und Theater München | 4./5.Juni | online ab 10 Uhr
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