Die norwegische Serie »Beforeigners« verknüpft Zeitreise mit Migrationsgeschichte.

»Beforeigners«: Staffel 1 in der ARD-Mediathek

Neue Höhlenmalerei

beforeigners

Schildmaiden damals und heute: Die Polizistin Alfhildr (Krista Kosonen, rechts) trifft bei ihren Ermittlungen auch eine Kriegsgefährtin (Ágústa Eva Erlendsdóttir) aus ihrer Wikinger-Vergangenheit wieder | © HBO Nordic

Eine Migrationswelle schwappt über Norwegen hinweg. Immer mehr Flüchtlinge tauchen im Hafen von Oslo auf, werden aus dem Wasser gezogen und erstversorgt. Die Bilder wirken merkwürdig vertraut und doch stimmt etwas nicht ganz: Die Flüchtlinge stammen nicht etwa aus Krisengebieten, sondern aus der Steinzeit, der Wikingerzeit und dem 19. Jahrhundert. Weshalb sie auftauchen, weiß niemand. Doch irgendwie wird man die Zeitmigranten integrieren müssen. Die Serienmacher Anne Bjørnstad und Eilif Skodvin wagen sich nach der Krimikomödie »Lilyhammer« an ihr erstes Science­ Fiction­-Thema: In »Beforeigners« – schon allein wegen des hübschen Kofferworts aus »before« und »foreigners« ein guter Titel – stellen sie nicht nur Missstände der europäischen Flüchtlingspolitik aus, sondern machen einen satirischen Rundumschlag durch die ach so woke und vorurteilsfreie moderne Gesellschaft. Die vermeintlich kleine Verschiebung der Mechanismen von der Raum­ auf die Zeitebene schafft dabei eine enorme Distanz, die aufzeigt, wie beliebig und absurd ein Großteil der Reaktionen auf Geflüchtete eigentlich ist.

Im Zentrum steht Kriminalkommissar Lars Haaland, der gar nicht mal so begeistert darüber ist, dass gerade er die erste und einzige Polizistin mit bi­temporalem Migrationshintergrund als neue Partnerin zugewiesen bekommt. Seitdem seine Ehefrau ihn für einen Biedermeier­Maler verlassen hat, ist er nicht ganz so angetan von den Migranten, auch wenn er sich langsam mit seinem Steinzeit-­Nachbarn anfreundet, weil der ihn mit illegalen Beruhigungstropfen versorgt, die eigentlich gegen das Zeitreisetrauma helfen sollen. Gemeinsam mit seiner Kollegin Alfhildr Enginnsdottir soll er einen Mord an einer jungen Frau aus der Steinzeit aufklären. Zwischen den beiden knirscht es nur so vor intertemporalen Kulturunterschieden, allein schon, weil Alfhildr früher taffe Wikinger-Schildmaid war, sich in der Öffentlichkeit Moos in die Hose stopft, wenn sie ihre Tage hat, (die modernen Produkte sind nun mal vom Gehalt einer Berufseinsteigerin nicht zu finanzieren, was will man machen), und Lars zudem für eine Memme hält, weil er Angst vor einem »Geist« namens Gluten hat. »Buh!«, ruft sie grinsend. Doch trotz dieser Anfangsschwierigkeiten kommen die beiden Polizisten mafiösen Strukturen zwischen prähistorischem Gangsterboss, transtemporären Aussteigern und geldgierigen Heutigen auf die Spur. Obendrein trifft Alfhildr ihren einstigen Schwarm Tore Hund wieder, der heute allerdings mehr denn je als Mörder des Heiligen Olav verschrien ist und nichts mit seiner frü­heren Identität zu tun haben will. Niemand kommt ungeschoren davon in dieser schlauen Gesellschaftssatire, die zwar recht locker flockig daherkommt, aber gerade deshalb eingefahrene Strukturen besonders deutlich zum Vorschein kommen lässt. ||

BEFOREIGNERS
Idee und Buch: Anne Bjørnstad, Eilif Skodvin
Regie: Jens Lien | Mit: Nicolai Cleeve Broch, Krista Kosonen | ARD Mediathek

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