Muss der Konzertsaal im Werksviertel schrumpfen? Wer jetzt spart, zahlt langfristig drauf.

Konzertsaal im Werksviertel: Phantom-Leuchtturm

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»Vielfalt« steht auf dem grünen Haus am Rand der Konzertsaal-Brache. Was man hier nicht sieht, ist das Riesenrad nebenan | © cp

Der Konzertsaal im Werksviertel, den irgendwann vor allem das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks bespielen soll, wird wahrscheinlich schlichter als geplant. Im Mai 2020 wurde bekannt, dass in einer Machbarkeitsstudie Einsparungsmöglichkeiten offengelegt werden sollten, mit weniger Plätzen im Kleinen Saal, vielleicht dem Verzicht auf die »Werkstatt« für die Hochschule für Musik und Theater.

Am 21. Juli 2020 verkündete Ministerpräsident Söder auf München TV, er wolle auf diesen kulturellen »Leuchtturm« keinesfalls verzichten. Darüber herrscht in den politischen Fraktionen Skepsis: Der ehemalige CSU-Justizminister Winfried Bausback, Mitglied im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst im Landtag, sagte im Juli 2020 in dieser Zeitung: »Kulturelle Leuchttürme stehen einer Landeshauptstadt zwar grundsätzlich gut zu Gesicht. Wenn es aber um die Frage geht, ob ein neuer Leuchtturm geschaffen wird, gilt, dass der Erhalt der Leuchtkraft des Kulturstaates Bayern und bestehender herausragender Einrichtungen Vorrang genießt.« Sanne Kurz, Landtagsabgeordnete der Grünen, ebenfalls Mitglied des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst und zudem auch Rundfunkrätin des BR, fragte sich im Sommer 2020, warum so spät erst eine »Machbarkeitsstudie« geplant sei, die längst abgeschlossen sein sollte, »als ob es normal wäre, wenn man vier Jahre nach Beschluss zu einem Bauprojekt und nachdem bereits knapp acht Millionen ausgegeben wurden, noch mal schaut, ob es denn überhaupt machbar ist, so ein Konzerthaus.«

Werner Eckart, Eigentümer des Werksviertels, hat 2015 das 8000 Quadratmeter große Konzertsaalareal an den Freistaat verpachtet, für jährlich 600.000 Euro. Werner Mittelbach, bis 2015 Orchestervorstand und seitdem »Konzerthausbeauftragter« des BRSO, erklärt, warum der Zeitaufwand nötig ist: »Es ist ja nicht so, dass seit dem Wettbewerb nichts passiert ist. Die Arbeit findet statt, aber eben hinter den Kulissen. Die Akustiker arbeiten, die Bühnenplanung wird vorangetrieben, die Fassadengestaltung wird diskutiert. Man kann sich nicht vorstellen, welche Konsequenzen minimale Veränderungen auf der Bühne für das ganze Gebäude bedeuten. Je besser das Gebäude geplant ist, desto weniger Fehler tauchen hoffentlich am Ende auf. Weil der Bedarfsplan sehr komplex und diffizil ist, braucht das alles Zeit. Natürlich wünschen wir uns, dass es schneller geht. Ich gehe davon aus, dass die Ergebnisse der Vorplanungen bis Mitte 2021 dem Landtag vorliegen. Dann ist der Landtag am Zug.«

Falls der Landtag es sich am Ende doch ganz anders überlegt, kann man sich schon ein Alternativszenario ausmalen: Da inzwischen auch Oliver Kahn im Werk 3 neben der WhiteBox ein großes Büro bezogen hat, könnte man sich auch vorstellen, dass auf der Brache bald eine Art Madison Square Garden erblüht: als Sporthalle, Pop-Event-Location – und zwischendurch, wegen der tollen Akustik, auch als Konzertsaal. Kofinanziert von einem großen Sportfunktionär. ||

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