Wladimir Kaminer – Wir sind Helden!

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Wladimir Kaminer packt das Thema mit Humor und Hintersinn an © Ralf Dombrowski

In Oberammergau, meinte Wladimir Kaminer, habe er den Regisseur der Passionsspiele gefragt, ob es nicht besser sei, sie vielleicht doch stattfinden zu lassen. Schließlich hätten sie ja auch schon gegen die Pest geholfen. Aber seine Intervention blieb vergeblich, zumal die Römer inzwischen als Risikogruppe rebellierten, die nicht vom niesenden Jesus (ohne Armbeuge!) vom Kreuz herab benetzt werden wollten. Überhaupt war das Thema Corona, das eigentlich kaum noch jemand hören kann, auf der Bühne im Innenhof des Deutschen Museums durchaus präsent, weil ein Autor wie Kaminer, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit Schwejk’scher Naivität die Welt um sich herum zu beobachten, vor den Absurditäten des verseuchten Alltags nicht Halt machen kann. Die Hälfte seiner Texte waren frisch geschrieben, Anekdoten über angesichts der nahenden Apokalypse beglückte Zeugen Jehovas am Bahnhof Baden-Baden, Reflexionen über die Korrelation von vokalreicher Sprache und größeren Abständen in der Kommunikation oder eben das Drama von Oberammergau. Und da er es schaffte, im vermeintlichen deutschrussischen Ernst immer wieder die entlarvende Pointe zu finden, durfte gelacht werden. Am Ende dann das Lob ans Publikum für dessen Heldenmut, sich Kultur zu gönnen in Zeiten wie diesen. Auch das war als Scherz verkleidet, aber eigentlich sehr ernst gemeint.

Wladimir Kaminer, Eulenspiegel Flying Circus, Innenhof des Deutschen Museums. Weiter Veranstaltungen bis 5.Oktober.

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