Mit viel Detailliebe und digitalem Know-how hat der BR die legendäre TV-Serie »Meister Eder und sein Pumuckl« visuell auf Vordermann gebracht und huldigt dem rothaarigen Hausgeist-Phänomen mit unzähligen Sonderprogrammen.
Revival des Kult-Kobolds
»Hurra, hurra, der Kobold mit dem roten Haar, hurra, hurra, der Pumuckl ist (wieder) da.« Wenn Hans Clarins glockenhelle, krächzend-knatternde Stimme erklang und er diesen Ohrwurm trällerte, dann wusste jedes Kind, dass es jetzt eine neue Episode mit lustigen Streichen des kleinen übersinnlichen Wesens mit dem runden Bäuchlein, der feuerroten Mähne und der süßen Stupsnase gab. Jung wie Alt liebten den anarchischen Humor, die kessen Reime und die skurrilen Wortkreationen, die Pumuckl an den Tag legte, wenn er seinen Ersatzvater, den von Volksschauspielikone Gustl Bayrhammer mit grandioser Gutmütigkeit verkörperten Schreinermeister Eder bei Laune und nicht selten auch in Atem hielt. Jetzt kehrt der längst Kult gewordene kleine Kobold, den die Kinderbuchautorin Ellis Kaut bereits Anfang der 60er Jahre erfand und der am 21. Februar 1962 erstmals als Hörspiel im Radio zu hören war (damals bereits mit Clarins unverwechselbarer Stimme), ins Bayerische Fernsehen zurück.
Pumuckl in 4K
Im Vorfeld wurde von Seiten des Bayerischen Rundfunks ein erheblicher Aufwand betrieben, um die legendäre Fernsehserie, deren erste Staffel weitere 20 Jahre später unter der Regie von Ulrich König entstand, zu restaurieren und HD-fähig zu machen. Dabei bestand die größte Herausforderung darin, so Sylvie Stephan, beim BR seit Anfang Februar frischgebackene Leiterin des Programmbereichs Kultur, »das Originalmaterial des Filmklassikers digital zu transformieren. Zu diesem Zweck wurde jede einzelne Szene in höchster 4K-Auflösung, Frame für Frame abfotografiert und analysiert, im Fachjargon ›abgetastet‹. Nach diesem ersten Schritt mussten aufwendig Schmutz und Bildunruhen bearbeitet werden. Allein der Aufwand für Farbkorrektur lag pro Episode bei drei bis vier Stunden. Die Bearbeitung bzw. Beauftragung durch die Pumuckl Media wurde Spezialisten anvertraut, die überwiegend an Restaurationen von alten Filmklassikern arbeiten.«
Die Arbeit hat sich in jedem Fall gelohnt. Pumuckl treibt jetzt in gestochen scharfer Bildqualität seinen charmanten Blödsinn. Die Übergänge zwischen Zeichentrickfigur und dem real gefilmten Schauplatz inklusive menschlicher Darsteller, dessen Atmosphäre heute herrlich antiquiert wirkt, sind beinahe nahtlos, und die Farben leuchten hell und strahlen kräftig, etwa die grüne Hose, der – etwas zu kurze – gelbe Pullover, der zuweilen den Blick auf den putzigen Pumuckl-Bauchnabel freigibt, oder natürlich der feuerrote Haarschopf des quirligen Hausgeists.
Dass die Erfindung von Ellis Kaut über sechs Dekaden hinweg nichts von ihrer Faszination verloren hat, liegt unter anderem daran, dass sie nach wie vor Kinder und Erwachsene gleichermaßen anspricht. Oder wie es Sylvie Stephan formuliert: »Kinder identifizieren sich mit dem kleinen, frechen, witzigen Kobold, der Süßes liebt, Schabernack treibt und mit seinem Freigeist die schöne Ordnung des Meister Eder permanent durcheinanderbringt. Und die Erwachsenen freuen sich über die anarchische Darstellung und den Wortwitz, sie können mit Meister Eder mitfühlen, dem der Pumuckl ans Herz wächst, obwohl er seine liebe Not mit dem kleinen Quälgeist hat. Das alles findet in einer warmen, vertrauten und menschlichen Kulisse statt.« Und weiter: »Der Pumuckl ist zeitloses Familienprogramm, das auch ›heutige‹Kinder fasziniert.«
»Mit Pumuckl haben wir eine Geisterwelt geschaffen, wo Kinder ihre Ängste und Hoffnungen verarbeiten können.«
Die Rückkehr des kleinen Kobolds ins Bayerische Fernsehen war aufgrund einer komplizierten Rechtelage und urheberrechtlicher Auseinandersetzungen zwischen Autorin und Illustratorin seit 2011 nicht möglich gewesen. Inzwischen
konnten aber alle juristischen Fragen geklärt werden, und ab dem 1. März 2020 darf der Pumuckl das BR-Programm ordentlich durcheinanderwirbeln. Dabei werden nicht nur alle 52 Episoden gezeigt (immer sonntags zwei Folgen), es gibt auch
zahlreiche Sonderformate. So geht Checker Julian in seinem für Kinder zugeschnittenen »Pumuckl-Check« Fragen wie »Wer hat den Pumuckl erfunden?« oder »Wie kam der Kobold ins Fernsehen?« auf den Grund. In der Dokumentation »Pumuckl ist zurück« kommen schließlich Ursula Bagnall, die Tochter von Autorin Ellis Kaut, Barbara von Johnson als Illustratorin und Tita Korytowski, die Witwe von Film- und Fernsehproduzent Manfred Korytowski zu Wort und öffnen für diese Doku ihre privaten Archive.
Dass die phänomenale Popularität Pumuckls bis heute ungebrochen ist, beweisen nicht nur die millionenfach verkauften Bücher, Hörspiele und Fernsehserien, sondern viele weitere Unternehmungen, die dem frechen Kobold, der einem manchmal auch ganz schön auf den Nerv gehen kann, huldigen. So eroberte er mehrfach die Leinwand, wenn auch den Adaptionen »Pumuckl und der Blaue Klabauter« (1994) und »Pumuckl und sein Zirkusabenteuer« (2002) kein nennenswerter kommerzieller Erfolg beschieden war. Zudem gibt es in Ohlstadt ein Pumuckl-Museum, im Münchner Luitpoldpark einen Brunnen und seit 2018 ein Musical, das am Gärtnerplatztheater gegeben wird. Und dann war da noch der Vater, der bis vor das Bundesverfassungsgericht zog, um durchzusetzen, dass er seinen Sohn Pumuckl nennen darf. Doch was wäre der kleine Kobold mit dem roten Haar ohne sein Umfeld. Ohne die Schreinerei, deren Außenaufnahmen im Münchner Lehel in der Widenmayerstraße 2 entstanden, ohne Gustl Bayrhammer als Paradebeispiel bajuwarisch-griabiger Gemütlichkeit, und ohne die unzähligen Volksschauspielkollegen, die dasPumuckl-Universum regelmäßig bereicherten, mal in Nebenrollen (wie Erni Singerl als treue Putzfee Frau Eichinger und Willy Harlander als immer neugieriger Schlossermeister Bernbacher) oder bei Gastauftritten, unter anderem von Helmut Fischer, Iris Berben, Fredl Fesl und auch Beatrice Richter, die als abergläubische Putzfrau (Aushilfe für Frau Eichinger, die sich in dieser Folge den Arm gebrochen hat), die die Schreinerei im wahrsten Wortsinn zum »Überschäumen« – im Übrigen ausnahmsweise ohne Kobolds Hilfe – bringt. Der 2012 verstorbene BR-Redakteur Peter Kölsch, der dem Pumuckl einst seinen Platz in der Fernsehgeschichte gesichert hat, brachte die herausragende Ausnahmestellung des quirligen Wesens, das nur für seinen Meister Eder sichtbar wird, in einem 2001 geführten Interview auf den Punkt: »Über 20 Jahre lang habe ich den Pumuckl gemacht, also ich glaube, fast die Hälfte meines Arbeitslebens habe ich mit ihm verbracht, und so ist er fürmich fast auch wie ein Kind geworden. Mit Pumuckl haben wir eine Geisterwelt geschaffen, wo Kinder ihre Ängste und Hoffnungen verarbeiten können. Dabei ging es uns nicht darum, Kinder zu ängstigen, sondern die Möglichkeit zu schaffen, mit ihren Ängsten irgendwie umgehen zu können.« ||
MEISTER EDER UND SEIN PUMUCKL
Deutschland, Ungarn, Österreich 1978–1981, 1984–1987 | Regie: Ulrich König | Mit: Hans Clarin, Gustl Bayrhammer, Erni Singerl
Länge: 52 Episoden à 25 Minuten | Ausstrahlung: ab 1. März jeweils sonntags in Doppelfolgen im BR
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