Wer Horror sucht, der mehr mit Rausch als mit Film zu tun hat, sollte sich »Bliss« hingeben.
Wenn ein Film mit einer Warnung für Epileptiker beginnt, sollte klar sein, dass keine leichte Unterhaltung folgt. Und Joe Begos »Bliss« ist wirklich alles andere als das. Psychedelischer Vampir-Drogen-Splatter passt wohl besser. Aber vor dem Vergnügen wird man erst Zeuge der Krise der jungen Künstlerin Dezzy (Dora Madison). Die Ideen für ihr neuestes Gemälde wollen sich nicht einstellen, der Vermieter will sein Geld, und ihr Agent kündigt die Zusammenarbeit. Da kann man nur noch Party machen – so extrem wie möglich. Dezzy zieht sich eine Line nach der anderen rein. Für Tanzen und flotte Dreier ist aber auch noch Zeit. Und siehe da, dann geht es auch mit ihrer Arbeit voran. Könnte es sein, dass es an »Bliss« liegt, dem neuesten Pülverchen ihres Dealers?
Alle Zeichen stehen hier auf Rausch: intensive Farben, rasanter Schnitt, rumpelnder Metal-Soundtrack. Und das alles in urban-versiffter Atmosphäre. »Bliss« atmet den Smog der frühen Abel-Ferrara-Filme und reiht sich gekonnt in die Reihe neuerer Werke wie Gaspar Noes »Climax« und Panos Cosmatos »Mandy« ein. Spätestens als das Blut ins Spiel kommt, gerät alles vollends außer Kontrolle. Nicht nur ihre neue Lieblingsdroge verändert Dezzy, auch ihre Freundin Courtney (Tru Collins) scheint per Biss Besitz von ihr ergriffen zu haben.
Ob sie nun wirklich ein Vampir ist oder in einem endlosen Horrortrip gefangen, interessiert nicht weiter. Begos startet hier eine Tour de Force, die auf alle Sinne schlägt, den Zartbesaiteten sicher auch auf den Magen. Dabei muss man ganz klar sagen, dass der Schauwert bei »Bliss« im Vordergrund steht. Einen allzu tiefen Blick in die Figuren oder den Zusammenhang von künstlerischer Inspiration und dunklen Triebkräften gibt es nicht. Dafür aber literweise Kunstblut und Stroboskoplichter. Wer also schwarz-bunten, wild um sich schlagenden Filmspaß für Hartgesottene sucht, kommt hier auf seine Kosten. ||
BLISS
USA 2019 | Regie: Joe Begos | Mit: Dora Madison, Tru Collins u.a.
80 Minuten | Kinostart: 20. Februar
Trailer
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