Die Briefe von Annette Kolb an berühmte Autoren wurden jetzt als Buch veröffentlicht.

Annette Kolb | Foto: Thea Sternheim / Archiv S. Fischer Verlag

»Ich bin und bleibe ein sehr unverheiratetes Wesen«, schrieb sie an den Literaturkritiker Max Rychner, um ihre Ungebundenheit als Autorin zu beteuern, doch der Satz hatte für ihr ganzes Leben Gültigkeit. Annette Kolbs Liebe gehörte ihren Freunden. Die Münchner Schriftstellerin und couragierte Kriegsgegnerin war mit vielen einflussreichen Intellektuellen befreundet, ohne wirklich eine von ihnen zu sein. Sie war rebellisch und konservativ, in ihr paarten sich Scharfsichtigkeit und gefühlvolle Naivität.

Nun haben Cornelia Michél und Albert M. Debrunner Kolbs Briefe an berühmte Autoren wie Rilke, Hesse, Tucholsky, Thomas Mann, René Schickele und heute vergessene Literaten herausgegeben. Immer wieder blitzt darin jener respektlose Witz auf, mit dem sie in ihrem Roman »Daphne Herbst« ein köstlich spottlustiges Porträt der bornierten Münchner »Grande Monde« zeichnete. Wir begegnen einer sensiblen (»verletzbar bin ich leider bis zur Stupidität«), großherzigen, eigenwilligen und eigensinnigen Frau.

Annette Kolb, von Thomas Mann in »Doktor Faustus« garstig karikiert, war unbeirrbar auch dort, wo sie irrte, in ihrem politisch verblendeten Lokalpatriotismus, ihren antipreußischen und antilutherischen Ressentiments. Die 1870 in München geborene Tochter eines bayerischen Gartenbauarchitekten und einer Pariser Pianistin, die die deutsch-französische Verständigung zu ihrem Lebensthema machte, war ein Kind der Belle Époque. Ihre Briefe zeigen ihre Voreingenommenheiten ebenso wie die Leidenschaft und den Mut, mit dem die Pazifistin, die den Ersten Weltkrieg »Europasunsterbliche Blamage« und eine »Meisterprobe männlicher Stupidität« nannte, für ihre Überzeugungen eintrat. 1916 verhängte das bayerische Kriegsministerium ein Publikations- und Ausreiseverbot gegen sie.

ANNETTE KOLB: ICH HÄTTE DIR NOCH SO VIEL ZU ERZÄHLEN: BRIEFE AN SCHRIFTSTELLERINNEN UND SCHRIFTSTELLER.
Herausgegeben von Cornelia Michél und Albert M. Debrunner | S. Fischer, 2020
320 Seiten | 24 Euro

BUCHVORSTELLUNG
mit Cornelia Michél und Albert M. Debrunner Lesung: Ulrike Kriener | Moderation: Roland Spahr | Literaturhaus Foyer-Bar| 3. Februar
19 Uhr | Tickets: 01806 700733

Den kompletten Artikel gibt es in der neuen Ausgabe: Hier, hier und hier

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