Ob lustig oder ernst, vor der Haustür oder auf einem anderen Kontinent – das Filmschoolfest steht wieder für filmische Vielfalt.
Was bewegt den Filmnachwuchs? Welche Themen stehen bei den Regisseuren und Regisseurinnen von morgen im Fokus? Ein Blick auf das diesjährige Programm des Filmschoolfests liefert eine aussagekräftige, wenn auch einfache Antwort: Themen, die uns alle interessieren sollten.
Vom 17. bis 23. November werden über fünfzig Werke junger Filmschaffender gezeigt. Vieles darunter direkt aus der Hochschule für Film und Fernsehen, noch mehr aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt, wie Israel, Australien oder Hongkong. So sind die Themen und Probleme, die angesprochen werden, naturgemäß unterschiedlich. Was Shin Tandar in »Lost Boy« zeigt, dürften hierzulande nur die wenigsten kennen. Er begleitet eine Gruppe jugendlicher Autowäscher in Myanmar. Trotz der harten Arbeit müssen sie sich mit einem Tageslohn von vier Dollar begnügen, hinzu kommen Armut, Hunger und die Angst vor Menschenhändlern. Trotzdem konzentriert sich Tandar vor allem aufs Positive, er zeigt die Jungs im Freibad, beim Rauchen und bei einer Kuchenschlacht. Ein perfektes Beispiel dafür, wie viel Eindruck eine Viertelstunde Film hinterlassen kann.
Lukas Nathrath behandelt in »Kippah« das drängende Thema des allgegenwärtigen Antisemitismus in Deutschland. Auf wahren Begebenheiten beruhend, erzählt er die Geschichte von Oskar, dessen jüdische Abstammung ihn an seiner neuen Schule zum Ziel von Anfeindungen und Gewalt macht. Letztlich findet er seinen eigenen Weg, mit dem Hass und der Ausgrenzung umzugehen.
Mit »Paper Bird« dokumentiert MarieChristine Roussel in leisen Tönen Momente im Leben einer psychisch kranken jungen Frau. Fernab von Stigmatisierung und Überambition zeigt der Film doch eher die positiven Momente, vor allem, wenn sie Zeit mit ihrem blinden Vater verbringt. Auch wenn sie ungeschönt von ihrer Krankheit berichtet, die Glücksmomente prägen sich dem Zuschauer intensiver ein. Auch »Sei der Frosch« von Eveline Schönfeld lebt von seinen optimistischen Grundtönen. Ihr Porträt eines körperlich behinderten Arbeiters, der sich trotz zahlreicher Rückschläge über Wasser hält, rührt sie in einer Szene selbst zu Tränen. Aufrütteln kann also auch ohne die »Alles ist schlimm!«- Keule funktionieren.
Daneben kommt auch die Unterhaltung nicht zu kurz, insbesondere, wenn es um den Animationsbereich geht. Ob das eher düster ausfällt wie in Alexandra Lermers Vampir-Kurzfilm »Theodor« oder farbenfroh wie in Christoph Sarows Landleben-Fantasie »Blieschow«. Ein besonderer Teilnehmer ist in diesem Jahr »Das Mensch« von Sophie Linnenbaum, eine Groteske im Edelrestaurant. Nachdem ein Mädchen sich weigert, seinen Hummer zu essen, droht der Vater mit Konsequenzen – bevor ihn der Kellner an ein blutiges Versprechen erinnert.
Was das Filmschoolfest auch in diesem Jahr wieder ausmacht, ist der unverbrauchte Blick auf die Welt und auf die anderen, die nicht von selbst ans Licht der Öffentlichkeit gehen würden. Wenn sich der Filmnachwuchs das beibehält, muss man sich im Grunde keine Sorgen machen. ||
FILMSCHOOLFEST 2019
17. bis 23. November| Hochschule für Fernsehen und Film München | Programm
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