Das Milla lädt mit dem Progressive Chamber Music Festival zur Kammermusik der Gegenwart. Die Fortsetzung eines Experiments.

Gerd Baumann © Veranstalter

Als letztes Jahr das Progressive Chamber Music Festival zum ersten Mal in der Milla die verschiedenen Möglichkeiten einer zeitgemäßen Kammermusik aufzeigte und damit sowohl in eine mitreißende sogenannte E-Musik, umgangssprachlich auch Klassik geheißen, als auch in eine fordernde Pop- und Jazzmusik eintauchte, hatte es alle Erwartungen übertroffen. Entsprechend herausgefordert sind die Veranstalter nun,
wenn sie heuer mit einer Fortsetzung des Programms an die gelieferte Qualität anschließen mögen. Was war das aber auch für ein cooles Setting! Da saß beispielsweise die weltberühmte Sopranistin Marlis Petersen mit einer Bierflasche in der Hand im Publikum und lauschte amüsiert den Darbietungen des gastgebenden Sirius Quartet aus New York, um kurze Zeit später selbst Teil des Programms zu sein und also mit dem Sirius Quartett zu musizieren. Prompt stieg in der gefeierten Opernsängerin auch eine Jazzleidenschaft auf, die letztlich ja auch ihre eigene musikalische Entwicklung begleitet hatte.

Und obwohl sie ebenso wie alle anderen Musikerinnen und Musiker auf diesem Festival höchste Qualität lieferte, stand an beiden Abenden in der Milla weniger die erbrachte Leistung als vielmehr die Freude an der Musik im Vordergrund. Anders als in üblichen Konzertsälen konnte man solche Freude im Übrigen auch an der Bar stehend genießen und zugleich einen Drink goutieren. So wie Ron Lawrence, der Bratschist des Sirius Quartet, das in New York ähnliche Festivals zur Förderung von jungen Musikern veranstaltet.

»Eigentlich müssten wir alle hier auftretenden Künstler nach New York einladen«, lobte er dabei die Qualität der Münchner Musiker. Dabei hatte zu dem Zeitpunkt das Munich Composer Collective noch gar nicht gespielt, das aktive und ehemalige Studierende des Jazzinstituts und der Klassikabteilung der Hochschule für Musik und Theater München unter der Leitung von Professor Gregor Hübner vereint. Deren Auftritt, der dann auch mal eine Komposition der in München lebenden Komponistin Monika Roscher unter ihrem eigenen Dirigat geradezu feierte, war nämlich der krönende Abschluss eines Festivals, das vor lauter Höhepunkten keine weitere Überhöhung mehr erwarten ließ.

Doch dann offenbarte dieses Collective Bachs Choral »Es ist genug« in einer von Hübner arrangierten Jazzfassung als eine so himmlische Musik, dass zur Beschreibung dieses erhabenen Moments kein Ausdruck mehr genügt als die hier gebotene Musik selbst. Zufrieden mit dem gesamten Festival bekennt Veranstalter Gerd Baumann: »Für eine Musik wie diese habe ich ja die Milla als Musikclub mitbegründet. Alles andere gibt es doch eh schon genug.« Am 6. und 7. November kann man sich in diesem Sinn ein weiteres Mal von einer sehr lebendigen Münchner Musikszene im Austausch mit dem New Yorker Sirius Quartet überzeugen. Gleichwohl die dann auftretenden Künstler wie das Spelunken Orchester, Evelyn Huber, Tetra Brass plus 1 oder die Twiolins durchaus eine gesonderte Empfehlung verdienen, ist es hier tatsächlich das Festival selbst, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Einschließlich der Gespräche an der Bar. ||

PROGRESSIVE CHAMBER MUSIC FESTIVAL
Milla| Holzstr. 28 |6., 7. Nov.| 20 Uhr | Tickets: 089 54818181

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