Lea Ralfs bringt im Zentraltheater den Hamburger Kultfilm »Absolute Giganten« auf die Bühne.
In Hamburg ist der Film Kult. Dort hat »Absolute Giganten«, erklärt Lea Ralfs, einen ähnlichen Status wie die »Rocky Horror Picture Show«. Als Hamburgerin zögerte sie keinen Moment, den Stoff auf die Bühne zu bringen, als der Leiter des Zentraltheaters Simon Riggers, der sich damit einen langgehegten Wunsch erfüllt, ihr das vorschlug. »Diese Inszenierung«, so Ralfs, »ist für uns alle ein echtes Herzensprojekt.«
Sebastian Schippers Debütfilm von 1999, zu dessen Erfolg der Soundtrack von Hamburger Hip-Hoppern, Sophia und The Notwist beitrug, erzählt vom Abschied dreier Freunde, die sich fernab von Hamburger Hafenromantik und Glamour mit Jobs durchschlagen. Als Floyd eröffnet, dass er auf einem Schiff angeheuert hat, beschließen sie, eine letzte gemeinsame Nacht zu verbringen. Sie ziehen durch Kneipen, landen in einer Stunt-Show und geraten in eine irre Verfolgungsjagd, bis durch einen Unfall die Party fast zur Tragödie wird.
Zur Einstimmung auf ihre Rollen sind Sandro Kirtzel (der sensible Floyd), Nicolas Wolf (der hyperaktive Rapper Ricco) und Franz-Xaver Zeller (der herzensgute Walter) nach Hamburg gefahren, um die Aufführung der Großstadtballade im Altonaer Theater zu besuchen und »gründlich im Nachtleben zu recherchieren«. Letztlich aber ist die lokale Verortung für die Absolventen der an das Theater angeschlossenen Schauspielschule Zerboni, mit deren Schülern auch die Nebenrollen besetzt sind, gar nicht so wesentlich.
Jeder kann seine persönliche Variante der Geschichte des Hamburger Trios erzählen. Sie gehören, erklären sie, zu einer Generation, für die der emotional wichtigste Einschnitt beim Eintritt in die Erwachsenenwelt nicht mehr die Ablösung von den Eltern ist, sondern die schmerzliche Erfahrung der Endlichkeit von Freundschaften.
Auf keinen Fall wollen sie den Film kopieren, vielmehr das Tempo anziehen, auf einem wilden Trip durch die Nacht ihrem Freundschaft feiern und so die Fallhöhe und den Verlust intensiver und unmittelbarer spürbar machen. Ein energiegeladenes »Schauspielerfest« mit Live-Rap möchte Lea Ralfs, die Co-Leiterin des Pathos Theaters, inszenieren, einen Abend über den Abschied von der Jugend und dabei stärker als in der Vorlage die Verwirrungen der Übergangszeit unterstreichen, »das Gefangensein zwischen zwei Lebensabschnitten, wenn man das Gefühl hat, überall deplatziert zu sein, nirgendwo wirklich hinzugehören.«
Mit »Absolute Giganten« führt das Zentraltheater, das ein junges Publikum fürs Theater begeistern möchte, sein Konzept fort. Zwar erhält die vor zwei Jahren von Simon Riggers mit Birte Hanusrichter und Sebastian Gerold gegründete Bühne inzwischen Spielstättenförderung, doch für alle Projekte des Teams, das sich durch eine große Palette an Produktionen in der Theaterszene etablieren will, reicht es denn doch nicht. So musste Riggers für diese Inszenierung zusätzliche Geldquellen auftun. Aber schließlich verbinden sie alle mit ihr, wie Lea Ralfs lachend gesteht, »einen absolut gigantischen Traum: dass unsere Theaterversion in München Kult wird.« ||
ABSOLUTE GIGANTEN
Zentraltheater| 17., 18., 25. Sept., 2., 9. Okt.
20 Uhr | Tickets: 089 30659486
Das könnte Sie auch interessieren:
Funky Town: Ein Show-Highlight aus dem GOP Varieté
Lach- und Schießgesellschaft: Interview zur Wiedereröffnung
Lars Eidinger - Sein oder nicht sein: Kritik zum Dokumentarfilm
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton