Die Theaterspiele Glyptothek zeigen »Philoktet« von Sophokles in der Antikensammlung.

Philoktet (Benjamin Hirt) bedroht Neoptolemos (Mario Linder) mit Herakles’ Bogen | © Volker Derlath

Vor 30 Jahren begründeten die Theatermacher Gunnar Petersen und Beles Adam die Theaterspiele Glyptothek: Im Innenhof des Skulpturenmuseums am Königsplatz spielten sie jeden Sommer Dramen aus der Antike oder mit Bezug dazu. Nun ist die Glyptothek wegen Restaurierung für zwei Jahre geschlossen. Die Theaterspiele konnten in die gegenüberliegende Antikensammlung ausweichen. Deren Nachteil: Ihr Höfchen ist eine enge Betonschlucht für nur 55 Zuschauer. Der Vorteil: Bei Regen wird im Saal gespielt. Wasser, Wein und Brot werden auch hier gratis gereicht. Erstmals ist Gunnar Petersen nicht selbst dabei. Beles Adam sitzt an der Kasse, beide haben künstlerisch mitgearbeitet an der »Philoktet«-Inszenierung von Sven Schöcker.

409 v. Chr. schrieb der 89-jährige Sophokles das Drama, in dem Odysseus zehn Jahre zuvor seinen an Schlangengift schwer erkrankten Kriegsgefährten Philoktet auf der unbewohnten Insel Lemnos ausgesetzt hat. Nur dank seines unfehlbaren Bogens, einem Geschenk des Halbgottes Herakles, überlebte Philoktet. Nun will Odysseus ihn oder wenigstens seine Wunderwaffe zurückholen, denn laut einer Weissagung kann Troja nur damit besiegt werden. Sein Helfer, der junge Neoptolemos, soll Philoktet mit Lügen einwickeln, ihm den Bogen abluchsen und zur Rückkehr ins Griechenheer bewegen.

Odysseus (Alexander Wagner) hat Vernunftgründe für Betrug, Lüge und Verrat. Philoktet (Benjamin Hirt) ist im Recht, aber erfüllt von Hass, Rachsucht und Verbitterung. Neoptolemos (Mario Linder) führt die List aus, entwickelt jedoch Mitgefühl und Mitleid mit Philoktet und gefährdet die Mission. Sven Schöcker inszeniert auf engem Raum zunächst eher statisch und schematisch. Aus einem Glasgefäß rieselt Sand, eine Holzrampe führt in Philoktets verhängte Höhle. Odysseus trägt Blau, Neoptolemos Beige, ihr Opfer Rot. Für überleitende Ansagen setzen sie Nesselmasken auf, Marcus Tronsberg belebt die Zäsuren live mit zarten Gitarren- und Percussionklängen. Dramatisch wird’s bei einem Schmerzanfall des Philoktet, der den Jungen umdenken lässt. Die Gewissenskonflikte löst nach einer guten Stunde der Deus ex Machina Herakles. So einfach haben wir’s heute nicht mehr im Dilemma zwischen Moral und Strategien. ||

PHILOKTET
Antikensammlung| Königsplatz | bis 19. Sept.
Do bis Di (nicht 14., 15. Sept.) | 20 Uhr
Tickets: 089 52304466 (10–12, 16–18 Uhr)

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