Die Galerie Rüdiger Schötte präsentiert spielerisch-poetische Werke der amerikanischen Künstlerin Susan Weil.

»Whether or not« | 1986 | Acryl auf Leinwand, 66 x 33 cm | © Susan Weil

»Munich Migration« ist die Bilder-Installation betitelt, die im ersten Stock der Galerie Schöttle in der Ecke hängt und den Raum öffnet. Die Vögel – Albatros, Möwe, Seeschwalbe, Pelikan, Kranich etc. – und die Blätter, vor deren grauem oder metallisch schimmerndem Grund sie schweben, haben tatsächlich weite Reisen hinter sich. Gemalt hat sie Susan Weil in ihrem Atelier in New York, und 1989/90 waren sie im Haus der Kunst zu sehen, in einer von Carla Schulz-Hoffmann kuratierten Ausstellung der Staatsgalerie Moderner Kunst. Dann kehrten sie wieder ins Atelier der Künstlerin zurück und sind nun abermals in München angekommen.

Die Eltern der 1930 geborenen Amerikanerin besaßen ein Inselchen im Meeresarm zwischen Long Island und Connecticut, auf der die Familie die Sommer verbrachte. Meer und Himmel und der Horizont, so sagte Weil einmal, seinen sehr starke Elemente für sie gewesen. Vielleicht hängt damit auch ihr Sinn für Kontraste und Distanzen zusammen, für ein Darüber-hinaus, wenn sie kompositorisch Verbindungen herstellt. Die kurvigen Blätter schließen sich frei zusammen, überlagern sich, fächern sich auf, und die darauf gemalten Vögel überschreiten die Grenzen bzw. Nahtstellen der Blätter. Die ihrerseits selbst Flügeln ähneln. »Mind’s Sky« hieß die Ausstellung 1989, und von einem freien und wachen Geist zeugen auch die Arbeiten dieser kleinen Retrospektive aus dem Œuvre der letzten drei Jahrzehnte.

Offenheit, Achtsamkeit und Experimentierfreude charakterisieren Weils gesamtes Werk, das Bild und Skulptur, Figur und Geometrie verbindet und zwischen Zeichen und Zeit vermittelt. Die große Fotomontage »Wandering Chairs« ist ein Selbstporträt der wechselnden Möglichkeiten. Bemalte Leinwand wölbt oder verknäuelt sich zu poetischen Gebilden, die einem aus der Wand entgegentreten. Die Äste und das Blattwerk auf Pflanzen-Bildern wie »Redwood«, »Plexitree«, »Leaf Dream« und »Woven Weeds« folgen nicht allein dem Modell linearen organischen Wachstums à la Paul Klee, sondern diese Bäume sind aus Fragmenten montiert, aus der Serialität geometrischer Formen konstruiert. Im Wechsel von Materialitäten wie Pinselstrich auf Plexiglas oder in der Montage fotografi sch gewonnener Abbilder realer Pflanzenteile mittels Blaupause. Weil publizierte auch Bild-Poeme, montierte Sehtexte. Die Zusammen- und Versetzungsspiele dieses Komponierens haben etwas Performatives, auch im Vertrauen auf den beweglichen, integralen Blick des Betrachters.

Montage und Leerstelle, Serialität und Substitution sind vielfach geübte Verfahren der Moderne, Weil freilich gehört dieser Traditon selbst an. 1948 begegnete sie Robert Rauschenberg in ihrer Pariser Unterkunft, er nahm wie sie Malunterricht an der Académie Julian. Weil schrieb sich am legendären Black Mountain College ein, wo der Bauhausmeister Josef Albers lehrte. Rauschenberg folgte, sie wurden ein Künstler- und Ehepaar und Eltern eines Sohnes. Und schieden sich in Freundschaft. In der aufblühenden Künstlerszene New Yorks starteten beide 1950 ihre Karrieren – doch so berühmt wie ihre Freunde wurde Weil nicht. Sie arbeitete gemeinsam mit Rauschenberg an lebensgroßen Blaupausen; die Technik hatte schon ihre Großmutter beherrscht. ||

SUSAN WEIL– ONCE IN A BLUE MOON
Galerie Rüdiger Schöttle| Amalienstr. 41 Rgb. | bis 31. August
Di–Fr 11–18 Uhr, Sa 12–16 Uhr

Das könnte Sie auch interessieren: