Yann Gonzalez verbindet in »Messer im Herz« den italienischen Schlitzer-Film mit der französischen Schwulenszene der Siebziger.

Vanessa Paradis in »Messer im Herz«| © Edition Salzgeber

Nennt man das jetzt Queer Giallo? Wahrscheinlich schon. Der Giallo war in den Sechzigern und Siebzigern eine Form des italienischen Thrillers, mit Augenmerk auf detaillierten Mordszenen, aber auch auf ästhetischer Gesamtinszenierung. Der bekannteste Regisseur dieser Richtung dürfte wohl Dario Argento (»Suspiria«, »Rosso – Farbe des Todes«) sein. Yann Gonzalez bringt mit »Messer im Herz« nun eine besondere Variante dieser Gattung in die Kinos.

Im Zentrum des Geschehens steht Anne (Vanessa Paradis), die mit einem festen Stab von Paradiesvögeln billige Schwulenpornos dreht. Privat sieht es bei ihr eher düster aus. Ihre Freundin und Cutterin hat sie verlassen und offensichtlich hängt sie an der Flasche. Und dann taucht auch noch ein Serienkiller in Ledermaske auf, der Mitglieder ihrer Crew brutal ermordet. Erst scheinen die schrecklichen Ereignisse sie sogar künstlerisch zu inspirieren, aber bald merkt sie, dass auch sie selbst nicht sicher ist.

Gonzalez folgt seinen Vorbildern nicht nur thematisch. Auch visuell orientiert er sich an Argento & Co. Die Szenen sind vornehmlich in rotes und blaues Licht getaucht. Die Morde sind hart, aber so überästhetisiert, dass sie schon ins Surreale schwenken. Paris wird hier zum neonbeleuchteten Mikrokosmos, in dem es nur gleichgeschlechtliche Liebe gibt und alles homoerotisch aufgeladen ist. Unnötig vulgär wird der Film dabei zum Glück kaum.

Aber Gonzalez begnügt sich nicht mit einfachem Zitate-Kino. Der Film funktioniert als Hommage, aber auch als eigenständiges Kunstwerk. Vorhersehbar ist hier nichts, gerne legt der Regisseur falsche Fährten und streut mysteriöse Rückblenden ein. Anne und der unbekannte Mörder verkommen nicht zu Genre-Schablonen, sondern entpuppen sich am Ende als tragische und tiefe Charaktere. »Messer im Herz« ist ein visuell-betörender Horrorgenuß mit Schmuddelatmosphäre im besten Sinne. Wenn man etwas bemängeln will, dann sind das höchstens ein paar Längen. Trotzdem dürfte er den Liebhabern fremdartiger Filmperlen gefallen – Geschlecht und sexuelle Orientierung sind dabei natürlich egal. ||

MESSER IM HERZ
Frankreich, Mexiko, Schweiz 2018
Regie: Yann Gonzalez | Mit: Vanessa Paradis u. a. | 106 Minuten | Kinostart: 18. Juli
Trailer

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