Auch beim DOK.fest ist die digitale Welt ein Thema. Im eigentlichen Fokus jedoch steht die reale Welt, genauer gesagt die Natur und unsere Beziehung zu ihr.

Still aus dem Eröffnungsfilm des diesjährigen DOK.fest, »The Whale and the Raven« | © DOK.fest

Das DOK.fest hat sich zwei der ganz großen Themen unserer Zeit angenommen. »Wie gehen wir mit der Digitalisierung um?« und »Wie gehen wir mit unserer Natur um?«. Im Bereich des Digitalen übt man sich in Selbstreflexion. Bei »Alles digital? Der Documentary Slam« wird am 9. Mai über die Zukunft der Dokumentarfilmbranche referiert und diskutiert. Auch das VR-Pop-up-Kino an der Pinakothek der Moderne ist wieder dabei, in dem das Publikum einen praktischen Einblick in die Welt der virtuellen Realität bekommt. Und die reicht hier vom Nationaltheater bis in den Weltraum.

Also alles entspannt auf der digitalen Seite? Einige Filmbeiträge zeigen da nochmal ein anderes Bild. Itamar Rose stürzt sich in »100 Million Views« in das System hinter YouTube und dem Kampf um Aufmerksamkeit in der Welt der Likes. In »Bellingcat – Truth in a Post-Truth World« geht Hans Pool der Frage nach, was man in Zeiten von Fake News eigentlich noch glauben kann, und begleitet ein Journalistenteam bei der Suche nach den Fakten hinter den Meldungen.

Was der deutschen Bevölkerung sicher noch rege im Gedächtnis ist, sind die Meldungen um die Unruhen im Hambacher Forst. In »Die rote Linie« begleitet Karin de Miguel Wessendorf Protestierende und Anwohner. Um was es dabei eigentlich geht, wird hier deutlicher als in den zahlreichen Medienberichten. Nicht nur um den Verlust von Natur und Heimat, sondern auch um die Macht und Ohnmacht der Bürger,die gegen Lobbyismus und politische Kurzsichtigkeit aufstehen. Einen solchen Film könnte man also überall in Deutschland drehen. Auch im Eröffnungsfilm »The Whale and the Raven« von Mirjam Leuze zeigt sich die allgegenwärtige Bedrohung für den Planeten. Mit mitreißenden Bildern entführt sie das Publikum an die Westküste Kanadas, wo die indigene Bevölkerung immer noch eine intensive Beziehung zur Umwelt pflegt, speziell zu den dort lebenden Walen. Die Planung einer Tankerlinie droht nun diese Innigkeit zu zerbrechen. In »Sisters of the Wilderness« entdecken fünf Zulu-Frauen am eigenen Leib die Verbindung zwischen ihnen, ihren Wurzeln und der Wildnis in einem Wildschutzgebiet Südafrikas. Vom Erhalten und Kämpfen erzählt auch Tom Burkes »Losing Alaska«, in dem die Inuit eines 400-Seelen-Dorfes ihre Traditionen am Leben erhalten wollen – ungeachtet dessen, wie heruntergekommen ihr Zuhause inzwischen ist.

Als »DOK.guest« ist in diesem Jahr Russland vertreten, ein Land, das heute in erster Linie für politische Gefahr zu stehen scheint. Sechs Filme zeigen auf dem DOK.fest nun die andere Seite, die der Bevölkerung und ihres Alltags. »School of Seduction« von Alina Rudnitskaya schildert die Zerrissenheit moderner Frauen zwischen alten Rollenbildern und Selbstverwirklichung. Rodion Ismailov geht in »Third Class Travel« auf eine16-tägige Reise durch Sibirien, wobei er nicht nur ein Bild der Fahrgäste, sondern der gesamten russischen Gesellschaftzeichnet. Ein besonderes Fundstück wird mit Dziga Vertovs erstem Film »Anniversary of the Revolution« von 1918 präsentiert. Am 17. Mai wird dieses historische Dokument mit Livemusik von Martin Lidl aufgefüht. Ansonsten sind beim DOK.fest die Augen vor allem auf die Gegenwart gerichtet. Ungeachtet aller verlockender Zukunftsmusik wahrscheinlich die wichtigste Aufgabe eines Dokumentarfilmfestivals. ||

DOK. FEST
verschiedene Spielorte|8. bis 19. Mai
Programm

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