Die Musik der Welt hat in München einen schweren Stand. Orte wie die Muffathalle gehen offensiv dagegen an.

Fatoumata Diawara | © Aida Muluneh

Warum, weiß keiner. »Jedenfalls ist es schwer, in München Weltmusik zu veranstalten«, meint Christian Waggershauser, einer der beiden Programmplaner und Chefs der Muffathalle. »Gerade für afrikanische Acts Leute anzulocken, erfordert großen Aufwand.« Damit ist Werbung gemeint, umfassende Pressearbeit, das ganze Brimborium des öffentlichen organisatorischen Vorlaufs, weniger die Arbeit mit den Künstlern selbst. Denn so gerne sich der Münchner Hörer für die Stars aus Pop und Klassik in Bewegung setzt, so zurückhaltend scheint er zu sein, wenn es um Musiker geht, die an ungewohnte Klangtraditionen andocken. Waggershauser lässt sich davon nicht abschrecken, auch wenn es ein Risiko ist. Manchmal stehen eben statt der erhofften 250 Zuhörer nur 50 Eingefleischte im Ampere, dem kleinen Saal des Muffatwerks, aber dafür kommen Stars in die Stadt, die andernorts Hallen füllen und zum kulturellen Portfolio einer weltoffenen Metropole gehören.

Ein paar Beispiele: Fatoumata Diawara hat es während des vergangenen Jahrzehnts vom Straßentheater auf die großen Bühnen geschafft. Ihre Familie stammt aus Mali, sie selbst wurde an der Elfenbeinküste geboren und zog Ende der Neunziger noch als Teenagerin nach Frankreich, um dort ihr Glück als Schauspielerin zur versuchen. Tatsächlich liefen die Dinge gut, sie schaffte es, sich durch ihre Rollen unter anderem in Filmen von Dani Kouyaté bemerkbar zu machen und zog außerdem mit dem erfolgreichen Straßentheater »Royal De Luxe« durch die Lande. Sie entdeckte die Musik für sich, sang Lieder aus dem Süden Malis und schrieb selbst Stücke.

Renommierte Kolleginnen wurden auf die Newcomerin mit der samtenen, selbstbewussten Stimme aufmerksam. Bald hörte man Diawara an der Seite von Oumou Sangaré oder auch Dee Dee Bridgewater. Schließlich erschien 2011 ihr Solodebüt »Fatou« und ebnete den weiteren Weg in Richtung einer traditionell orientierten und zugleich neugierig weltoffenen afrikanischen Popmusik. Seitdem tourt Fatoumata Diawara um die Welt, ward mal an der künstlerischen Seite von Paul McCartney, mal im Umfeld von The Roots gesehen und verfeinerte ihr eigenes Profil im Wechselspiel von heimischen Rhythmen und internationalem Sound. Am 27. Mai macht sie im großen Saal der Muffathalle Station, ein Glücksmoment für alle Fans moderner afrikanischer Popmusik.

Wenige Tage zuvor ist nebenan im kleineren Ampere außerdem ein westafrikanischer Schwerpunkt geplant. Denn am 5. Mai treffen dort drei Bands aufeinander, die unter dem Motto »Cotonou–München« zarte kulturelle Bande zwischen Benin und Bayern knüpfen. Mit dabei sind das Trio Teriba, die erste reine Frauenband des Landes, die sich 2002 zunächst als Quintett um die Musik ihrer Heimat kümmerte und inzwischen als Dreigestirn das Klangerbe pflegt. Nel Oliver hingegen ist als Gitarrist, Sänger und Produzent mit popfolkigen Einflüssen eine etablierte Figur der Szene Benins und deutlich mehr im kommerziellen Segment aktiv. Und Kim Azas ist als dritter Bandleader des Abends bereits seit den Neunzigern als Botschafter von Afrobeat und Afroreggae auf den Bühnen von Cotonou bis Paris unterwegs. Ein Abend mit Tradition und Moderne, mit Musik fürs Herz und für die Beine.

Kurz darauf ist dann die junge Türkei im Club zu Gast. Gaye Su Akyol ist Sängerin, Komponistin, Produzentin, Konzeptkünstlerin. Mitte dieses Jahrzehnts erschien sie mit ersten Projekten in der urbanen Musikszene des Landes und definierte einen eigenwilligen und stilistisch vielgestaltigen Soundkosmos, der im psychedelischen Rock ebenso wie im elektronischen Pop oder in der urbanen Folklore seine Ursprünge hat. Das aktuelle Programm heißt »Istikrarlı Hayal Hakikattir«, frei übersetzt mit »Konsequente Fantasie ist die Realität«, ein Motto, über das nachzudenken man am 20. Mai im Ampere Zeit hat, wenn man nicht gerade zu Gaye Su Akyols Musik tanzen will.

Hazmat Modine | © Wade Schuman

Und noch ein Tipp: Am 4. Juni machen Hazmat Modine im Ampere Station. Das New Yorker Kollektiv um den Sänger und Multiinstrumentalisten Wade Schuman zählt bereits zu den altgedienten Ensembles der Weltmusik. Ende der Neunziger gegründet, laufen in der Mixtur des zirzensischen Oktetts zahlreiche Stränge zusammen, eine Prise Klezmer und etwas Loftkultur, der Sound der Marching Bands und amerikanischer Folk, urbaner Reggae, Calypso und ein wenig Hipstertum der alten Schule. Das Ganze zusammengewürfelt und neu vermischt wird zu einer schrägen Hybride, die vor allem durch die folkloristisch archaischen Instrumente von der Mundharmonika bis zum Sousafon den Reiz des Aus-der-Zeit-Gefallenen bekommt. Und als Abschluss noch ein Ausblick auf August: Chocolate Remix stammen aus Argentinien und haben es sich auf die Agenda gesetzt, nicht nur herben elektronischen, mit Rap gewürzten Reggaetone zu präsentieren, sondern sich als lesbische Band mit expliziten Texten unter anderem gegen den Machismo der LatinSzene, gegen Rassismus und Gewalt zu positionieren. Chocolate Remix kommen am 10. August ins Ampere, auch das Musik einer Welt der Vielfalt, die an Orten wie dem Muffatwerk ihren Platz findet. ||

WELTMUSIK IM MUFFATWERK
Ampere & Muffathalle| 5. Mai bis 10. Aug.
19.30 Uhr | Tickets: 089 54818181

COTONOU–MÜNCHEN
Sonntag, 5. Mai| Ampere| 15–19 Uhr
Mit dem Frauentrio Teriba, Nel Oliver und Kim Azas & Friends

BABA ZULA – DEEP UNDERGROUND TOUR
Dienstag, 14. Mai| Ampere| Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr

GAYE SU AKYOL
Montag, 20. Mai| Ampere| Einlass 19.30 Uhr, Beginn 20.30 Uhr

FATOUMATA DIAWARA
Montag, 27. Mai| Muffathalle
Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr

HAZMAT MODINE – BOX OF BREATH
TOUR 2019
Dienstag, 4. Juni | Ampere
Einlass 19.30 Uhr, Beginn 20.30 Uhr

CHOCOLATE REMIX
anschließend Rupidoo Global Music Club
Samstag, 10. August | Ampere
Einlass 19.30 Uhr, Beginn 20.30 Uhr

 


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