John Mayall kann’s nicht lassen. Und das ist gut so, denn der 85-Jährige hat noch immer den Blues.
Ausgerechnet dem Fachblatt »Gitarre & Bass« gegenüber hat sich John Mayall 2017 in trockenstem Tonfall von einem Instrument distanziert, das viel zu seinem Ruhm beigetragen hat: »Den ganzen Gitarrenkram habe ich ja nun schon mal gemacht.« Die im gleichen Jahr in Dresden und Stuttgart aufgenommene Live-CD »Three For The Road« kam denn auch ganz ohne seine Gibson aus. Mayall hörte man als Sänger, am Keyboard (»Das ist jetzt mein Hauptinstrument«) und an der Harmonika.
Die Fans haben es dem mittlerweile 85-jährigen (Groß-)Vater des britischen, des weißen Blues nicht übel genommen. Aber war es nicht vor allem »das Feuer einer elektrischen Gitarre« (Mayall), das diesen Blues vorangetrieben hat? Wer meint, dass Johns Tastenkünste mit Piano-, Hammond- oder auch mal Vibrafonsounds auf Abendlänge denn doch einen gewissen Biss vermissen lassen, kann mit der jüngsten Entwicklung zufrieden
sein. Für sein 70. Album, im Februar unter dem Titel »Nobody Told Me« erschienen, hat Mayall Blueskollegen wie Joe Bonamassa und Larry McCray eingeladen, außerdem Gitarrengäste wie Steven Van Zandt (Springsteen), Alex Lifeson (Rush) und den Multistilisten Todd Rundgren. Keiner dieser Herren wird allerdings auf der aktuellen Tour für Soli zuständig sei. Das ist Aufgabe der Texanerin Carolyn Wonderland. Die erste Frau unter 25 teils legendären Leadgitarristen in Johns Diensten – von Eric Clapton über Peter Green bis zu Mick Taylor – ist hierzulande weitgehend unbekannt, aber in den USA schon seit gut 20 Jahren auf eigene Rechnung erfolgreich. 2016 konnte man sichbei der Jazzwoche Burghausen davon überzeugen, dass die singende und bei Gelegenheit souverän pfeifende Multiinstrumentalistin mit namhafteren Guitar Heroes durchaus
mithalten kann.
Erstaunlich ist schon eher, dass eine knapp 40 Jahre ältere Musikerlegende on the road immer noch mithält, bei bis zu hundert Konzerten pro Jahr. 2018 eine Lungenentzündung? Kurzer Klinikaufenthalt, und weiter geht’s. Die nächste Runde im Studio? Schon geplant. Wobei Planung musikalisch nicht Mayalls Ding ist. Noten haben für ihn noch nie eine Rolle gespielt, feste Setlists auch nicht. Abend für Abend wird neu ausgewählt aus einem Fundus von 50 Songs, die wie auf dem aktuellen Album nicht von experimentierfreudigen Zeiten à la »Blues from Laurel Canyon« (1968) künden, sondern deutlich der Tradition huldigen. Bis zur Zugabe kann es gut und gern zwei Stunden dauern, außerdem steht John Mayall meistens am Merchandise-Tisch, plaudert und signiert. Vermutlich auch in München mal wieder vor dem Auftritt, das hat Tradition bei einem Mann, der als erstaunlich munter lebende Legende allemal eine Begegnung wert ist. ||
JOHN MAYALL
Muffathalle| 8. April | 20 Uhr | Tickets: 089 54818181
Das könnte Sie auch interessieren:
Serhij Zhadan: Der Friedenspreisträger auf dem Literaturfest
Münchener Biennale 2022: Das Festival für neues Musiktheater
Fischer-Z: Live im Backstage München
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton