Der Theaterraum ist futsch, aber das theater … und so fort feiert optimistisch seinen 20. Geburtstag.

Heiko Dietz in seinem beschädigten Theaterraum | © Andreas W. Kohn

Aufbruch war angesagt, als Heiko Dietz und seine Mitstreiter am 24. Februar 1999 im ehemaligen Modernen Theater von Uta Emmer in der Hans-Sachs-Straße hinter dem Café Zweistein ihr theater … und so fort eröffneten. Im Herbst davor hatten Jochen Schölch und Dominik Wilgenbus im Metropoltheater in Freimann mit Schölchs fulminanter Inszenierung von Robert Wilsons »Black Rider« einen phänomenalen Start hingelegt. In Münchens Privattheaterszene sah es schwer nach Erneuerung aus.

Das Metropoltheater spielt den Publikumsrenner »Black Rider« immer noch gelegentlich und konnte sich nach fast 20 Jahren eine institutionelle Förderung erstreiten, mit der Künstler und andere Mitarbeiter endlich halbwegs angemessen bezahlt werden können. Der Theaterraum in der Hans-Sachs-Straße ist allerdings schon länger Geschichte. Das theater … und so fort zog dort bereits 2009 aus, nachdem eine neue Gastronomie das Zweistein ersetzt hatte, die sich als nicht besonders theaterfreundlich erwies.

Das Theater fand eine neue Heimat im ehemaligen Unterton von Jörg Maurer in der Kurfürstenstraße. Und da wäre es immer noch, hätte nicht 2017 aufgrund einer nicht gesicherten Sanierung im Hof des Gebäudes ein Wasserschaden inklusive Asbestkontamination das Kellertheater betroffen und mitsamt seinem gesamten Inventar zerstört. Das Theater steht jetzt ohne Bühne und ohne Ausstattung da. Das einstmals gute Verhältnis zur Vermieterin ist auch eher angespannt, im Februar steht ein Prozess um Schadensersatz für die zerstörte Einrichtung an.

Dass das theater … und so fort trotzdem weiter existiert, ist nicht nur der Hartnäckigkeit und dem ungebrochenen Optimismus von Heiko Dietz zu verdanken, sondern auch der Solidarität der freien Theaterszene. Drehleier, Theater Kleines Spiel, Teamtheater, Theater im Fraunhofer, TamS, Heppel & Ettlich, Milla und das Blutenburgtheater, sie alle stellten zeitweise ihre Bühnen aus Ausweichquartier zur Verfügung. Im HochX fand im September 2017 ein Benefizabend statt, und das treue Stammpublikum griff mit Spenden unter die Arme. Das Kulturreferat zeigt sich hilfsbereit, Heiko Dietz durfte für die Förderperiode 2019 bis 2021 einen Antrag stellen, obwohl er noch kein neues Theater hat. Das alte Gebäude des Blutspendedienstes am Stiglmaierplatz ist für eine Zwischennutzung im Gespräch, aber spruchreif ist noch nichts. »Wir sind wahrscheinlich die günstigste Variante dafür«, meint Heiko Dietz, der immer noch guten Mutes ist. »Wir haben gesagt, dass wir vieles selber umbauen können.« Die Raumsuche auf dem katastrophalen Münchner Immobilienmarkt geht also weiter.

Doch erst einmal werden 20 Jahre theater … und so fort gefeiert, eigentlich schon 30 Jahre, denn als freie Gruppe existierte das Theater bereits seit 1989 und spielte seine erste Produktion in der Pasinger Fabrik: »Auf hoher See« von Slawomir Mrozek. Dietz stieß 1992 dazu und stellt fest, dass das Jubiläum ja auch eine Rückkehr zu den Anfängen ist. Im Dezember und Januar spielte er Petra Winterstellers »Am Ende beginnt.« über ein Geschwisterpaar und den Tod des Vaters in der Pasinger Fabrik. Die Inszenierung wurde ein Erfolg bei Kritik und Publikum.

Im Februar hat »The Fear of 13« Premiere, wieder in der Pasinger Fabrik. Dietz hat das Stück nach Texten von Nick Yarris geschrieben, der über 22 Jahre unschuldig wegen Vergewaltigung und Mordes in den USA im Gefängnis saß. Ein gesellschaftskritischer oder politischer Hintergrund ist ihm bei eigenen Stückentwicklungen wichtig, auch wenn seine Anfänge als Autor eher im derb Komischen lagen, aber seinen »eigenwilligen Humor« lässt er jetzt lieber in die ernsthaften Stücke einfließen. Denn er findet, »dass man dem Zuschauer auch eine Atempause geben sollte. Ich möchte keinen deprimiert nach Hause schicken.«

An deprimierenden Elementen besteht in Nick Yarris’ Geschichte kein Mangel. Seine gesamte Haftzeit, 8057 Tage, verbrachte er tagsüber in einer Art Käfig mit einem Stuhl, wo er nur sitzen oder stehen konnte, nicht herumlaufen, bevorer abends wieder in seine Zelle gebracht wurde. Um diese räumliche Enge widerzuspiegeln, spielen Heiko Dietz und Tobias Bosse auf einem Podest, das gleichzeitig die Ungeschütztheit des Häftlings symbolisiert. In der eher performativen Inszenierung von Heinz Konrad ist Dietz als Nick Yarris der monologisch sprechende Teil, während Bosse als Wärter, Anwalt oder Mithäftling den agierenden Part hat. »The Fear of 13« will zeigen, was mit jemandem passiert, der in einem so unmenschlichen Justizsystem gefangen ist, wie jemand in so einem Gefängnis anfängt zu ticken und zu funktionieren.

Die ersten beiden Vorstellungen am 23. und 24. Februar fungieren gleichzeitig als Jubiläumsfeier des theater … und so fort. Die Suche nach einer neuen Bühne geht weiter, demnächst ist eine Plakataktion geplant. Ironisch optimistisch meint Heiko Dietz: »Demnächst heißen wir dann theater … wieder da.« ||

THE FEAR OF 13
theater … und so fort| in der Pasinger Fabrik
23., 24., 28. Feb., 1., 2., 7.–9. März| 20 Uhr | Tickets: 089 23219877

 


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