Die Ballettakademie und die Heinz-Bosl-Stiftung feiern 40-jähriges Jubiläum, und seit acht Jahren gibt es in München eine Juniorcompany. Ivan Liška gibt Einblick in die verflochtene Arbeit für den Ballettnachwuchs.
Konstanze Vernon gründete 1978 die heute der Hochschule für Musik und Theater München angegliederte Ballettakademie und gemeinsam mit ihrem Mann Fred Hoffmann die nach ihrem charismatischen Tanzpartner Heinz Bosl benannte Stiftung. Die kümmert sich um die finanzielle und materielle Förderung des Nachwuchses: mit Wohnheimplätzen, Stipendien, der Anstellung von Ballettpädagogen. Ihr Nachfolger Ivan Liška, der bis 2016 achtzehn Jahre lang das Bayerische Staatsballett leitete, beschrieb zwischen den Jubiläumsmatineen zum 40-jährigen Bestehen von Stiftung und Akademie seine Arbeit als Stiftungsvorsitzender und künstlerischer Leiter des Bayerischen Junior Balletts München. Dieses Jugendensemble soll Praxis sammeln: in Aufführungen des Staatsballetts, durch die Einstudierung eines breiten klassischen bis zeitgenössischen Repertoires, auch eigens für sie erstellter Kreationen, und auf nationalen und internationalen Tourneen.
Herr Liška, hat die von Ihnen 2010 gegründete Juniorcompany inzwischen nicht große Ähnlichkeit mit dem Staatsballett, wie es unter Ihrer Leitung noch war?
Das war von Anfang an so geplant. 2010 gingen meine Überlegungen mit Konstanze Vernon, Bettina Wagner-Bergelt und der Hochschule mit ihrem Direktor Jan Broeckx davon aus, dass für eine Juniorcompany keine zusätzlichen Mittel zu erhoffen waren. Um auch Klassiker aufführen zu können, brauchte sie aber mindestens 16 Mitglieder. Das ermöglichten wir durch die Kooperation von drei Institutionen: Das Staatsballett finanziert neun Mitglieder als Volontäre, die Stiftung sieben als Stipendiaten, die Hochschule trägt Pädagogen und Pianisten. Ferner macht sie die Tanzenden zu Studierenden, sodass sie nach zwei Jahren ihren Masterabschluss haben. Dieser spielt bei der Suche nach einem Engagement kaum eine Rolle, wird aber nach der aktiven Karriere wichtig, wenn Tänzer eine Umschulung auf dem Niveau ihrer Qualifikation suchen.
Wie werden Absolventen der Akademie in Ihrem Junior Ballett gefördert?
Am Leben dieser Company ist zu beobachten, dass einige im ersten Jahr ihre Schuppen als Schüler langsamer abwerfen als andere. Aber im zweiten Jahr öffnen sie sich und nehmen den Fluss der Informationen in sich meistens produktiv auf. Jedes Jahr sehe ich Menschen aufblühen, die in ihrem 19. oder 20. Lebensjahr das in sich wachrufen, was die Absicht war, ihnen für ihre Laufbahn mitzugeben.
Was ist es denn, was Sie ihnen über das choreografische Material und dessen Beherrschung hinaus mitgeben möchten?
Die Pflege der eigenen Fantasie. Wer in einem kleinen Ensemble wie unserem für eine Rolle in einem Werk besetzt ist, macht den ganzen Probenprozess mit und kann daran wachsen. Dagegen werden die jungen Leute im ersten Engagement bei größeren Compagnien meistens im Corps de Ballet eingesetzt und in ihrer Entwicklung oft allein gelassen.
Das heißt: Sie müssen im Hintergrund einfach funktionieren.
Oder sie sind begabt genug, um sich durchzuschlagen und auch angenommen zu werden. Hier erleben wir immer wieder, dass unsere Junioren sagen: »Eine solche Aufgabe hätte ich in meinem Alter in einer Company nie schaffen können!« Was bedeutet also unser Angebot, mit dem wir für sie die Lücke zwischen Ausbildung und Engagement überbrücken? Sie reifen hier und machen Fortschritte, denn was wir ihnen bieten, ist individuelle Arbeit. Genau das war unser Motiv für die Schaffung dieses Ensembles: sie dort abzuholen, wo sie als Absolventen ihrer Ausbildung sind. Und – ich betone das immer wieder – es ist die atemberaubende Bandbreite der choreografischen Handschriften, die das Publikum heute sehen möchte und von Tänzern erwartet. Darauf sollen sie nicht unvorbereitet sein.
BOSL-MATINEE
Nationaltheater| 2. Dezember| 11 Uhr
Tickets: 089 337763 || Das Bayerische Junior Ballett präsentiert am 22. Januar beim Bauhaus-Festival in Berlin »Das Triadische Ballett« von Oskar Schlemmer || Ballett in der Reaktorhalle| Studierende der Ballettakademie
Luisenstr. 37A | 20./21. Dezember| 19 Uhr
Heinz-Bosl-Stiftung;
Bayerisches Juniorballett
Musikhochschule München
Das komplette Interview finden Sie ab dem 1. November hier, hier oder am 2. November in der Welt am Sonntag.
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