Die Micro Oper München bringt Leben und Leiden der Karrierefrau Greta A. auf die Bühne.
»Micro« vom griechischen »mikrós« steht für das Kleine, kann aber auch als umgangssprachliches Kürzel für ein Mikrofon verstanden werden. Beides macht mit Ohrenmerk auf die »Micro Oper München« Sinn. Seit über 25 Jahren produziert dieses »Labor für interdisziplinäre Theaterversuche« Musiktheater mit kleinem Etat. Zwei der Produktionen von 2011 und 2013 werden nun als inszeniertes Konzert in einer Neufassung auf die Bühne gebracht: »Man kann nie wissen! Musiktheater über die Angst» und »Jetzt das Paradies. Eine Rehab-Oper« fusionieren zu »Paradies und Panik – Lieder über die Vergänglichkeit«, die am 30. November und 1. Dezember im Schwere Reiter zu sehen und zu hören sind.
Cornelia Melián ist Sängerin, Performancekünstlerin und seit den 80er Jahren in der freien Szene aktiv. Die »Micro Oper« gründete sie bereits 1991, damals unter dem Namen »Liebe, Blut und Wahnsinn«, also all dem, was die große Oper ausmacht und was Melián im Kleinen ausloten möchte, »sozusagen als Dreigroschenspektakel«. Es geht ihr nicht um eine stringente Erzählung (»die Musik erzählt selbst etwas«), vielmehr soll ein assoziativer Raum und gedankenverlorener Rahmen für den Hörer geschaffen werden, der kreative Kopfgeburten erlaubt. In diesem Kontext spricht Cornelia Melián von »inszenierter Musik« und meint damit die Inszenierung Neuer Musik in starken Bildern und die Herstellung einer musikalischen Körperlichkeit auf Basis neuer Bewegungsmuster und performativer Ausdrucksweisen.
Für »Paradies und Panik – Lieder über die Vergänglichkeit« arbeitet Melián zum wiederholten Male im Kollektiv mit Ernst Bechert (Sampler, Keyboards, Komposition), Gunnar Geisse (Laptop-Guitar) und dem Noiseund Video-Artist Anton Kaun. Sie alle waren schon bei den beiden Vorgängerproduktionen beteiligt, die sozusagen als »Requisitenkammer« für die Neuproduktion dienen: »Man kann nie wissen!« war ein Spiel mit der Angst, dem schaurigsten aller Gefühle, im Zeichen der postmodernen Leistungsgesellschaft. In seine Komposition ließ Ernst Bechert für unkonventionelles Klangerleben damals herkömmliche Büromaterialien, Geräte und Aufbewahrungssysteme als Klangkörper einfließen. Das musikalisch-surreale Gruselkabinett führte die Karrierefrau Grete A. in den Kollaps, womit sie sich in »Jetzt das Paradies« in einer Rehaklinik wiederfand. Die Bühne war ein einziges großes Bett, das zum Schauplatz widerstrebender Gefühle des modernen Daseins wurde. Lebenslust traf auf schiere Verzweiflung, Fortschrittsglaube auf pure Resignation.
Nun darf man auf den dritten Auftritt von Grete K. alias Cornelia Melián in der Angst-Trilogie der »Micro Oper München« gespannt sein. In der Neufassung als inszeniertes Konzert bündelt »Paradies und Panik – Lieder über die Vergänglichkeit« die musikalischen Highlights der beiden Vorlagen und gestaltet sie in einem assoziativer Verlauf neu. Gespielt wird in einem minimalen Bühnenbild, das vor allem Lichtraum ist und Szenerie für eine musikalische Wundertüte zwischen Noise, Neuer Musik und zeitgemäßer Operette. ||
PARADIES UND PANIK – LIEDER ÜBER DIE VERGÄNGLICHKEIT
Micro Oper München |Schwere Reiter
Dachauer Str. 114 | 30. Nov., 1. Dez.| 20 Uhr
Tickets: 0176 60273531
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