»Die defekte Katze« erzählt eine Liebesgeschichte zwischen zwei Kulturen, in der ein Haustier nicht als Kitt der Beziehung funktioniert, sondern gleich als ihr Spiegel.

Hadi Khanjanpour und Pegah Ferydoni müssen in »Die defekte Katze« ihre Beziehung kitten.| © Alpenrepublik

Intelligent sollte er sein, lustig auch. Modern. Und äußerlich am besten auch kein Auffahrunfall. Mina, 31, ist Elektroingenieurin, Iranerin und etwas spät dran mit dem Heiratswunsch. Die Dame von der Heiratsvermittlung ist aber zuversichtlich: Sie wird schon einen Partner in ihrer Altersklasse finden. Wie unromantisch!, ruft da der moderne Westler und steht empört vom Frühstückstisch auf, Liebe ist doch kein Katalog, aus dem man einfach die richtige Spalte auswählt! Dann nimmt er sein Handy zur Hand und wischt sich durch die ersten Tinder-Profile des Tages.

In ihrem Film »Die defekte Katze« lässt die Deutschiranerin Susan Gordanshekan persische Ideale auf westliche Illusionen treffen. Als Mina nämlich dem deutsch-iranischen Arzt Kian vermittelt wird und zu ihm nach Deutschland zieht, scheint das frischvermählte Paargleichan zwei Kulturkonzepten zu scheitern: Die traditionellen Vorstellungen von einer geglückt arrangierten Eheroutine sind ebenso weit entfernt vom verklemmten Alltag der beiden wie die Unbeschwertheit des Westens, der irgendwie doch »nicht so wie im Satellitenfernsehen« ist.

Mina und Kian schleichen in der gemeinsamen Wohnung umeinander herum wie Fremde – Vertrautheit ist schließlich nichts, das man mit einer abgestempelten Urkunde erwirbt wie einen Anglerschein. Während Kian, der auf eine Oberarztstelle in der Anästhesie hofft, Nachtschicht um Nachtschichtschiebt, langweilt sich Mina zu Hause. Einzig ihr Deutschkurs für Anfänger und das städtische Hallenbad halten die begeisterte Schwimmerin davon ab, gänzlich unterzugehen im Strudel der Erwartungen. Dann bringt sie eine Katze nach Hause, einen grauhaarigen Albtraum mit Gendefekt, den Mina liebt und Kian hasst. Als Figur weiß der jedoch auch nicht, dass der Neuzugang nicht bloß ein Tier ist, der auf seine Hemden kackt, sondern ein dramaturgisches Element: Fortan stolziert der verhaltensauffällige Kater als Symbolträger des ehelichen Scheiterns durch die Wohnung.

Sehr klug inszeniert Gordanshekan nämlich, wie der Neuzugang schließlich Dialoge eröffnet, die auf der Metaebene funktionieren: Mina und Kian streiten darüber, was für ein Verhalten denn »normal« sei für eine Katze (der spitzfindige Zuschauer also weiß, es geht hier gar nicht um Felinologie, sondern um ihr Ringen, den gängigen Beziehungsidealen zu genügen), ständig fallen die Worte ›perfekt‹ oder ›defekt‹. Zwischen diesen Polen von Ideal und Illusion tastet das Paar ständig herum – um am Ende letztlich einzusehen, dass das »perfekt scheiße ist«.

Kennt man Pegah Ferydoni noch aus der ARD-Serie »Türkisch für Anfänger«, hat die gebürtige Iranerin hier weitaus mehr Gelegenheit, ihre schauspielerische Sensibilität unter Beweis zu stellen. Und auch Kian ist wider die Klischees vom patriarchalischen Sadisten vielschichtiger angelegt – als Figur mit Zweifeln, unsicher, was von ihm als Mann heute erwartet wird. Die Kamera nimmt sich Zeit, diese Momente der Unsicherheit auszuerzählen, was schließlich nicht nur einen sehr langsamen Film ergibt, sondern auch einen sehr ehrlichen. ||

DIE DEFEKTE KATZE
Deutschland 2018 | Regie: Susan Gordanshekan | Mit: Pegah Ferydoni, Hadi Khanjanpour u.a. | 97 Minuten | Kinostart: 4. Oktober
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