In »Wackersdorf« widmet sich Oliver Haffner der Anti-AKW-Bewegung. Wir sprachen mit dem Regisseur über seine eigenen Erfahrungen in einer aufrührerischen Zeit.
Wie viel Geld hast du eigentlich vom FFF Bayern für »Wackersdorf« bekommen?
Oliver Haffner: Das kann ich dir jetzt ad hoc gar nicht genau sagen (lacht), aber wir haben von ihnen auf jeden Fall die beantragte Fördersumme bekommen: Etwas zwischen 300 000 und 400 000 Euro.
Und wie viel Geld hast du selbst schon zur Seite gelegt für mögliche Schadensersatzansprüche ehemaliger CSU-Minister-Familien, die ja alles andere als positiv in deinem Film wegkommen?
Wir haben uns da natürlich juristisch abgesichert und vorher auch alles genau prüfen lassen. Außerdem sind es »Personen der Zeitgeschichte«, und wir haben bis auf die Figur des Landrats Schuierer auch viel fiktionalisiert. Das ergibt zusammen eher eine griechische Tragödie mit vielen verschiedenen Aspekten
für alle Beteiligten.
Formal ist »Wackersdorf« weder ein klassisches Dokudrama noch ein politischer Dokumentarfilm mit Reenactments. Warum hast du dich als Genre für das Politdrama entschieden?
Mich haben bei dieser Art der Inszenierung vor allem die fiktionalen Elemente interessiert. So tragen die Figuren zum Beispiel keine Namen, sondern nur Bezeichnungen wie »Der Umweltminister«.
Du stammst selbst nicht aus der Oberpfalz wie etwa dein Produzent Ingo Fliess, hast aber vor deinem Regiestudium am Max-Reinhardt-Seminar mehrere Semester Politikwissenschaft studiert. Woher kommt dein politisches Grundinteresse und wo hast du selbst Mitte der 80er Jahre die heftigen Proteste gegen die WAA in Wackersdorf erlebt?
Ich war zwar damals erst elf, aber ich stamme aus einem linksliberalen Haushalt, und meine Schwester ist acht Jahre älter als ich: Und die ist zu dieser Zeit extra von München aus mit dem Bus nach Wackersdorf gefahren, sodass ich das schon sehr früh und heftig mitbekommen habe. Überhaupt war Bayern in dieser Zeit politisch sehr aufgeladen! Das waren schließlich die Zeiten der Anti-AKW-Aufmärsche, und im Fernsehen lief zum Beispiel »Live aus dem Alabama«. Wenn ich heute an meine Jugendzeit zurückdenke, dann war das alles für mich immer sehr angstbesetzt: Der NATO-Doppelbeschluss, diese seltsame Endzeitstimmung …
Der ehemalige SPD-Landrat Hans Schuierer, der auch zur Weltpremiere nach München gekommen ist, spielt in deinem engagierten Film die zentrale Rolle. Wie hast du ihn persönlich erlebt in der langen Entstehungszeit? Und welche Haltung hat er dir als politischer Mensch vermittelt?
Hans Schuierer hat damals a) erkannt, dass das Recht im WAA-Streit von der Bayerischen Staatsregierung gebeugt wurde, und b) ist er zutiefst ein Demokrat, dessen Vater als Gewerkschaftler im KZ war. Zugleich hat er etwas geschafft, das nur wenige können: Er hat öffentlich seine Meinung revidiert. Das hat mir schon sehr imponiert!
Erst recht bei all dem Druck, den er jahrelang aus der Staatskanzlei wie auch von Strauß persönlich bekam …
Er wusste, dass es Ärger geben wird und Disziplinarverfahren kommen. Trotzdem hat er alles riskiert, obwohl er schnell seinen Job wie seine Altersbezüge hätte verlieren können! Das mit Mitte, Ende 50 durchzuziehen, war fulminant! Und ich hatte mich deshalb auch sehr gefreut, dass er zur Premiere gekommen ist. Er ist weiterhin unversöhnt und bleibt für mich eine sehr eindrucksvolle Persönlichkeit. ||
WACKERSDORF
Deutschland 2018 | Regie: Oliver Haffner
Mit: Marlene Morreis, Anna Maria Sturm, Johannes Zeiler, Sigi Zimmerschied, Peter Jordan, Florian Brückner u.a.
123 Minuten |Kinostart: 20. September
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