Man nennt es das neue Arbeiterlied. Rummelsnuff hat Spaß daran.
Dass dieser fleischgewordene Popeye, der samt seiner gewaltigen Muskelpracht mehr Comicfigur als Mensch zu sein scheint, je das Fagott in einem Orchester gespielt hat, wird den meisten angesichts seiner Bühnenfigur Rummelsnuff kaum in den Sinn kommen. Ebenso wenig, wie er nun zur elektronischen Musik, die auch ein paar Rammstein-Assoziationen weckt, deutsche Texte singt, die an Arbeiterlieder erinnern, mit denen Roger Baptist alias Rummelsnuff in der DDR aufgewachsen ist. Verstärkt wird dessen Musik auch mal von den Stromgitarren der Krefelder Grindcore-Band Japanische Kampfhörspiele oder von der Sängerin Lucy van Org (ehemals Lucilectric). Berühmte Melodien wie Barry Manilows »Mandy« sind darunter oder wie »Mongoloid« von Devo. Doch hauptsächlich überzeugt der frühere Keyboarder der deutschen Wave-Band Freunde der italienischen Oper mit eigenen Songs, die er ähnlich wie sein Vorbild Hans Albers mehr »darbietet« als »singt«.
Hans Albers war ein großer Darbieter, hatte Rummelsnuff mal über den Schauspieler und Sänger gesagt. Dessen Gesang wäre zwar nie so dolle gewesen, und doch habe es nie eine bessere Version von »Goodbye Johnny« gegeben als eben von jenem »Darbieter« Hans Albers, auf die sich dann ja wohl auch die Nationalhymne der DDR stützte. Klar, dass solche Begeisterung für Albers von einem Mann, der ausschaut wie Popeye, der Seemann, auch zu einigen Seemannsliedern im Repertoire führt. Vor allem sind es aber auch dort die hart arbeitenden Männer, denen Rummelsnuff ein fast schon sozialistisch anmutendes Arbeiterdenkmal setzt. Wobei derlei Ästhetik in der Rezeption schon mal missverstanden wurde als eine, die mit der rechtsbelasteten Bildinszenierung einer Leni Riefenstahl liebäugelt. Nun wäre das dann freilich die Trashversion einer opulent gestalteten Riefenstahl-Vorlage, was dem Witz in Rummelsnuffs Auftritten durchaus entspräche. Mit rechter Gesinnung hat das allerdings gar nichts im Sinn, wie nicht nur Rummelsnuffs Unterstützung des Rage Against Abschiebung nahelegt, wo er vor zwei Jahren zugunsten der Flüchtlingshilfe ohne Gagenforderung auftrat. Eine neue Kompilation eint nun Songs aus fünf vergriffenen Alben, darunter auch dieses markante »Kumpel, Glück auf! Gruß an die Gesteine! Durch Jahrmillionen deine Reise führt.« Live ein ganz besonderer Spaß. ||
RUMMELSNUFF & ASBACH
Feierwerk | Hansastr. 39
29. Juni | 20 Uhr
Tickets: 01806 570070
Das könnte Sie auch interessieren:
Michael Wollny: Interview zum »Ghosts«-Konzert in München
Olivia Trummer: Live in München, Pullach und Fürstenfeldbruck
The Jacksons: Live im Circus Krone
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton