Mark Everett ist ein Grübler. Das kann zu wunderbarer Popmusik führen. Am 25. Juni zeigt er das mit den Eels in der Tonhalle.
Vor zehn Jahren erschien Mark Oliver Everetts Autobiografie. Sie trug den Titel: »Things the Grandchildren Should Know«. Damals hatte der Sänger, Gitarrist und Gründer der US-Indierockband Eels noch nicht mal Kinder und konnte deshalb allenfalls seinen fiktiven Enkeln erzählen, welch schwere Schicksalsschläge er erleiden musste. Und wie ihn die Musik schließlich gerettet hat. Das kommt jedenfalls so ungefähr als Fazit aus dem lesenswerten Buch heraus, über das Pete Townshend von The Who gesagt hat, er habe dadurch mehr über sein eigenes Geschäft als Musiker gelernt als durch die Biografien von Chuck Berry, Elvis oder David Bowie. Seit letztem Jahr hat der heute 54-Jährige nun einen Sohn. Er hat den Namen Archie, und durch ihn ist es gar nicht mehr so unwahrscheinlich, dass Everetts Enkel irgendwann mal seine Biografie lesen.
Oder sich stattdessen seine Songs anhören.Denn auch in seinen Liedern hat Mark Oliver Everett alias Mr. E sein Leben verarbeitet. Er hat darin vom frühen Herztod seines Vaters, dem Selbstmord seiner Schwester und dem Krebstod seiner Mutter erzählt. Er hat darin seine Ängste, Zweifel und seine Selbstmordfantasien thematisiert. Etwa die, dass er sich im Auto von einer Brücke in den Tod stürzt. Das hat der Musiker zum Glück nicht getan, sondern stattdessen mit den Eels zwölf Platten produziert, von denen die neueste »The Deconstruction« im April erschienen ist. Am 25. Juni wird Everett sie mit den Eels in der Münchner Tonhalle live vorstellen. Die Songs darauf klingen noch immer nicht nach heiler Welt. Diesmal galt es nämlich, den Tod seines Hundes zu verarbeiten, eine Scheidung und dann noch eine Gesellschaft, die total verrückt und aus den Fugen geraten ist.
Trotzdem. Wie auch beim Buch hat man am Ende irgendwie das tröstliche Gefühl, dass sich Mr. E mit dem Auf und Ab des Lebens arrangiert hat. Und er weiß, dass es keine Flüche, sondern nur Zufälle gibt, und irgendwann alles gut wird und wieder die Sonne scheint. Das heißt es jedenfalls im Song »Premonition«. In »Be Hurt« singt Everett: Die Welt hält viel aus, dann kannst du das auch. Und selbst wenn er im Titelsong vom Auseinanderfallen singt, dann klingt es so, als würde er auf masochistische Art Gefallen daran finden. Musikalisch ist dagegen alles beim Alten. Fuzzige Gitarren, Hip-Hop-Beats, fragile Pianomelodien und rückwärts geloopte Streicher: das hat man alles schon mal irgendwo gehört. Statt auf Dekonstruktion und große Experimente setzt der frisch gebackene Papa da doch lieber auf Sicherheit. ||
EELS
Tonhalle| Atelierstr. 24 | 25. Juni| 20.30 Uhr
Tickets: 089 54818181
Das könnte Sie auch interessieren:
aDevantgarde: Die erste CD mit dem Zentaur Quartett
Roberta Pisu & Arcis Saxophone Quartett | MF Online Deluxe
Muffatwerk: Das 30. Jubiläum
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton