Mit ihren Filmen wollen Edith Eisenstecken und Evi Oberkofler »Menschen für die schwersten Themen in unserer Gesellschaft sensibilisieren«. Dies ist ihnen mit »Monika Hauser – Ein Porträt«, der das Tabuthema sexualisierte Gewalt gegen Frauen aufgreift, eindrucksvoll gelungen.
Dokumentationen über Persönlichkeiten sind die Spezialität der beiden aus Bozen stammenden Filmemacherinnen Edith Eisenstecken und Evi Oberkofler. So realisierten sie unter anderem bereits gemeinsam »Krista Posch« (2009) oder »Stenzel – Als Filme noch verrückt sein durften« (2011). Mit »Monika Hauser – Ein Porträt« widmen sie sich nun der titelgebenden Ärztin, die es sich vor rund 25 Jahren zum Ziel gesetzt hat, Frauen, die im Bosnien-Krieg vergewaltigt wurden, zu helfen. Inzwischen ist Hauser eine öffentliche Person, die mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde, und die von ihr gegründete Organisation »medica mondiale« ist inzwischen weltweit tätig. Bereits im Herbst 2011 trafen die Regisseurinnen Hauser zum ersten Mal. »Bald darauf«, so Eisenstecken, »begleiteten wir sie mit der Kamera bei einem Vortrag über sexualisierte Gewalt und ein halbes Jahr später drehten wir ein erstes kurzes Interview mit ihr. Es folgten weitere Recherchen. Die eigentlichen Dreharbeiten begannen dann schließlich im Herbst 2013 in Bosnien anlässlich des 20. Jubiläums von Medica Zenica.« »Monika Hauser – Ein Porträt« folgt der TV-Dokumentation »Krieg gegen Frauen« (2015), in der sich Eisenstecken und Oberkofler ebenfalls schon mit sexualisierter Gewalt auseinandergesetzt hatten. Nun steht also eine ihrer damaligen Interviewpartnerinnen im Fokus.
Der in drei Segmente gegliederte Film zeigt Hauser zunächst auf einer Art Spurensuche in Bosnien, wo sie Anfang der 90er Jahre ihre Tätigkeit aufnahm. Der zweite Teil rekapituliert ihre Biografie, während der letzte Abschnitt die Schweizer Ärztin mit Südtiroler Wurzeln bei der Arbeit beobachtet, bei Vorträgen und Diskussionsrunden, aber auch im Kontakt mit Politikern, die sich für ihr Anliegen interessieren. Einen ganz besonderen Moment im Film nimmt das Treffen mit ehemaligen Mitarbeiterinnen in Zenica 20 Jahre nach dem Krieg ein. Evi Oberkofler erinnert sich: »Allein die gegenseitigen Umarmungen beim Wiedersehen ließen erahnen, wie viel diese Frauen gemeinsam erlebt haben, welche Vertrautheit, welche gegenseitige Behutsamkeit und wie viel immerwährender Respekt füreinander daraus erwachsen sind.«
»Monika Hauser – Ein Porträt« kommt ganz ohne Off-Kommentar aus, Bilder und Worte sollen für sich sprechen. Es gibt arrangierte Interviews mit der Protagonistin, die Kamera ist aber auch in Hausers beruflichem Alltag hautnah dabei. Diese O-Töne werden zum Teil mit Archivmaterial oder auch mit privaten Fotografien unterschnitten. Zusätzlich streuen Oberkofler und Eisenstecken immer wieder scherenschnittartige Schwarz-Weiß-Bilder ein, auf denen schemenhaft eine Frau zu sehen ist. Kurze, als Schrifttafel eingeblendete Statements von Vergewaltigungsopfern machen deutlich, dass es sich hier nicht nur um das Porträt einer kämpferischen Frau handelt, die Großes geleistet hat, sondern dass es vor allem um das Thema der traumatisierten Opfer geht. Und genau Letzteres ist Edith Eisenstecken auch ein besonderes Anliegen: »Unsere Hoffnung ist es, dass wir mit unseren Filmen die Menschen für die schwersten Themen in unserer Gesellschaft sensibilisieren können und es uns gelingt zu zeigen, wofür es sich lohnt zu kämpfen.« »Monika Hauser – Ein Porträt« kann als Ehrerweisung für einen Menschen gesehen werden, der sich über ein Vierteljahrhundert für Frauenrechte eingesetzt hat. Zugleich aber schafft der Film viel mehr. Er will aufrütteln und er legt den Finger in eine Wunde, die schmerzhaft deutlich macht, dass unsere patriarchal dominierte Welt immer noch so grausam und abscheulich ist wie vor Hunderten von Jahren. ||
MONIKA HAUSER – EIN PORTRÄT
Deutschland 2016 | Regie, Buch & Montage: Evi Oberkofler & Edith Eisenstecken | Mit Monika Hauser u.v.a. | 86 Minuten
Kinostart: 17. Mai
Trailer
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