Frauen in Aktion – mit Stolz, Stärke und Selbstbewusstsein – zeigen die Fotografien von Angèle Etoundi Essamba im Museum Fünf Kontinente. Und haben dabei immer eine besondere Schönheit im Blick.
Eine Frau beugt sich zur Seite in ihrem schmalen, von Hand gehauenen Holzboot, das schlafende Kind auf den Rücken gebunden, und entleert das geschöpfte Wasser. Nach innen ins Boot, nach außen in den See? »Rituel de l’eau qui inonde« lautet der Titel der Fotografie von Angèle Etoundi Essamba. Entstanden ist das Bild in Ganvié, einem großen Pfahlbautendorf im Nokoué-See in Benin,dessen Bewohner sich soeinst vor den Sklavenraubzügen schützten und nun vom Fischfang und vom Tourismus leben. Ob dieses Ritual sich nun gegen Hochwasser richtet oder man vielmehr mit der kleinen Überschwemmung des Bootes um stets genügend Wasser und Glück bittet, wird nicht klar –doch der Schwall in seinem geschwungenen Bogen, die Streben des Boots und die Körperformen der Afrikanerin fügen sich zu einer perfekten Komposition, einem fast bestürzenden Moment der Schönheit.
Frauen, die Frauen Afrikas, sind das zentrale Thema von Essamba, die in Kamerun geboren wurde, in Frankreich zur Schule ging und an der Fotofachschule in Amsterdam studierte, wo sie heute lebt. Dabei verbindet sie auf einzigartige Weise das Dokumentarische mit dem Poetischen. »Frauen in Aktion« ist eine ihrer im Museum Fünf Kontinente präsentierten Serien, in der Essamba die Rolle und Stellung der Frau, ihre Stärke und ihr Selbstbewusstsein demonstriert. Sie zeigt die Arbeit im und fürdas Ökosystem: Die einen pflanzen Mangrovenbäume im Kampf gegen das Hochwasser in Benin, andere bauen im Senegal Pflanzenkohle und Eukalyptusbäume an, um die Wüstenbildung und Dünenversandung einzudämmen. Wieder andere sammeln die wuchernden Wasserhyazinthen, üble Schädlinge im Nokoué-See, und flechten Körbe daraus. Die Frauen rudern im Takt, rupfen mit Kraft und greifen mit Anmut – so wirkt es auf den ersten Blick – die Stengel und Blätter, kontrapunktiert von den pflanzlichen Mustern der Kleiderstoffe.
Und diese Stoffe, handelsübliche zwar, die die Trägerinnen schmücken! Darf Exotik so schön sein, Schönheit so exotisch? Klimt, der ornamentale Arrangeur, kommt einem in den Sinn. »Motive in seltsam ergreifender Schönheit fangen meinen Blick ein«, schreibt Essamba. »Noch nie ist eine derart markante Ästhetik aus so viel Armut entstanden.« Ein Kommentar zu ihrer Serie »Territorien«, die vorgehängte Stoffe an Türen von Hütten und Häusern zeigt, Zeichen zwischen Außenwelt und innerem Leben, Zeugnisse der Ästhetik ihrer verborgenen Bewohner. Eine spezielle Serie widmet sich Frauen mit sorgsam reparierten Kalebassen, die als Küchenutensil zu gleich den Weltschöpfungsmythos und die weibliche Gebärfähigkeit symbolisieren. Noch einmal Schönheit: Gesichter, im Dialog mit Masken komponiert. In meisterhaftem Schwarz-Weiss erzeugt Essamba greifbare Nähe und sinnliche Erleuchtung der Körper. ||
TÖCHTER DES LEBENS. FOTOGRAFIEN VON ANGÈLE ETOUNDI ESSAMBA
Museum Fünf Kontinente| Maximilianstr. 42
bis 1. Juli| Di–So 9.30–17.30 Uhr | Der schön illustrierte Begleitband (160 S.) kostet 24,80 Euro
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