Das »Grand Hotel« im GOP beherbergt eine irre komische Luftakrobatiknummer des Zimmermädchens.
Es ist Silvester im Hotel zwischen den Bergen; für den Concierge »der Tag, an dem alles klappen muss«. Doch gerade hat die Wetterstation Sturm gemeldet, das Telefon entpuppte sich als Koffergriff und die Putzmethode »Nordic Mobbing« als zwar ulkig, aber wenig effektiv. Das »Grand Hotel«, das der neuen Show im GOP den Namen gibt, ist eindeutig eines der anderen Art. Und weil die Künstler, die das Publikum zum Jahreswechsel unterhalten sollten, im Schneesturm verschollen sind, packt einfach das Personal selber an. Der Concierge die Diabolo-Jonglage, das ungeschickte Zimmermädchen, das zuvor schon mit dem Hintern im Waschzuber stecken geblieben war und den Überblick über seine zusammengefalteten Gliedmaßen verloren hatte, bekommt eine Audioanleitung fürs Trapez in die Hand gedrückt. Und da die beiden im wirklichen Leben der Komiker und Jongleur Gilles le Leuch und dessen Frau, die Klischnigg-Kontorsionistin (Sprich: Meisterin der Vorbeuge) Caroline Schroeck sind, können sie sich noch so deppert anstellen: Man sieht, dass sie was können!
Doch schon das Dumm-Anstellen ist bei Schroeck derart grandios – und ihr Dialog mit der Anleiterstimme so krude –, dass ihre Luftnummer das zum Brüllen komische Highlight des Abends ist. Und das will was heißen. Denn Regisseur (und Bühnenbildner) Ulrich Thon hat seiner Show nicht eben wenige Höhepunkte gegönnt. Da ist der »Lobby Boy« (und Roncalli-Clown) Sergey Maslennikov, der unglaublich bescheiden schauen und hexenhaft lachen kann. Das bisschen Stepptanz, einen ausgeklügelten Gläser-Balance-Akt und eine tiefen entspannte Jongliernummer mit Tennisschlägern erledigt er praktisch nebenbei. Roman mit dem breiten Kreuz, der dem jungen Putin ähnelt und seinem Körper im Handstand in aller Ruhe die irrsten Winkel und Rotationen verpasst, kann von der ziemlich coolen Anastasia locker auf einer Hand oder einem Unterschenkel getragen werden. Diese russisch-ukrainische Partnerakrobatik ist eine Schau!
Aus der Ukraine stammt auch Oksana, deren Tanz mit ihrem Partner Vadim nicht wegen der eher technisch anmutenden Leiden schaftlichkeit verblüfft, sondern weil sie die Kunst des »Quick Change« beherrscht und praktisch sekündlich mit anderen Kleidern über die Bühne wirbelt. Übersichtlicher sind da die Bewegungen um den russischen Barren, den le Leuch als »die längste Praline der Welt« ansagt, weil die athletischen Werfer und der kraftvolle Springer, die auch witzigselbstironisch tanzen, im »Grand Hotel« die Köche sind. Die »Boytsovs« haben schon 1993 eine wichtige Goldmedaille 1993 die in dieser Disziplin gewonnen und sind ganz offensichtlich auf dem neuesten Stand geblieben. Musikalisch halten die Stereo Sisters aus München die Hotel- und GOP-Gäste bei der Stange. Die beiden haben den sogenannten »Flüstergesang« erfunden, den sie einem bei anderen Gelegenheiten synchron direkt ins Ohr flößen. So intim geht es hier zwar nicht zu, aber der irisierende Stereosound passt gut zur Atmosphäre dieses ganz besonderen Hotels. ||
GRAND HOTEL
GOP Varieté-Theater| Maximilianstr. 47 | bis 6. Mai| Di bis Do, 20 Uhr, Fr, Sa 17.30 und 21 Uhr, So 14.30 und 18.30 Uhr
Tickets: 089 210288444
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