Die Staatsoper inszeniert die selten gespielte Verdi-Oper »Les vêpres siciliennes«.

Dirigent Omer Meir Wellber und
Regisseur Antu Romero Nunes © Wilfried Hösl

Die Sizilianer hatten genug von den Franzosen. Am Ostermontag 1282traf man sich zum Abendgebet, der Vesper, in Palermo auf dem Platz vor der Kirche. Französische Soldaten mischten sich unter die Menge, ein Sergeant belästigte eine Frau so lange, bis deren Ehemann ihn wütend erdolchte. Es kam zum Tumult, zur »Sizilianischen Vesper«, die viele Franzosen das Leben kostete und als Revolte die Machtverhältnisse zwischen dem Haus Anjou und den Staufern in Süditalien neu ordnete. Giuseppe Verdi sah in diesem historischen Aufstand die Möglichkeit, ein wenig Politik in Zeiten der Selbstfindung des italienischen Nationalstaates in die Grand Opéra »Les vêpres siciliennes« (1855) zu packen. In fünf Akten setzt der Komponist das hoffnungslose Spiel der Liebe in einer Welt sozialer und nationaler Grenzkämpfe in romantische Töne und dramatische Szene: Herzogin Hélène (Rachel Willis-Sørensen) und der Freiheitskämpfer Henri (Bryan Hymel) scheinen in ihrem gemeinsamen Kampf gegen die französischen Besatzer die Standesgrenzen durch Liebe zu überwinden, selbst als sich Henri als Spross des französischen Gouverneurs Montford (George Petean) herausstellt. Doch ihre Liebe hat keine Chance. Noch während des Läutens der Hochzeitsglocken werden sie Opfer eines Massakers, das der Spiritus Rector des sizilianischen Aufstandes Procida (Erwin Schrott)verantwortet. Politische Leidenschaft gefährdet friedvolle Liebe – hierin besitzt »Les vêpres siciliennes« Aktualität bis in die Gegenwart.

Ist es ein Zeichen der Völkerverständigung, dass der italienische Komponist seine Grand Opéra ausgerechnet im Auftrag des Pariser Théâtre Impérial de L’Opéra komponierte? Großer Erfolg war ihr dennoch nicht beschieden. Anders als Giuseppe Verdis Gassenhauern »Nabucco« und »Rigoletto«, »La Traviata« oder »Aida«, welche die Opernhäuser rund um den Globus rauf und runter spielen. Das mag am irritierenden Libretto Eugène Scribes liegen, der historische Fakten und narrative Handlungsverläufe ignorierte; an der musiktheatralen Kunstfertigkeit Verdis lag es nicht. »Die sizilianische Vesper« verströmt das, was den Komponisten zum Synonym romantischer Opernkunst schlechthin werden ließ: rasantes Drama und Herzschmerz, gepaart mit einem Reichtum farbiger Melodien, die unter die Haut gehen und die Emotionen des Hörers unmittelbar ansprechen. Den Beweis tritt die Bayerische Staatsoper an, die »Les vêpres siciliennes« ab 11. März in einer Neuinszenierung auf die Bühne bringt, die verspricht: »Giuseppe Verdi entwickelt mit seiner packenden Musik einen Sog, der den Zuschauer wie ein Krimi mitreißt.« Zur Realisation dieses Unterfangens wurde Antú Romero Nunes engagiert, der in einer Kritikerumfrage der Zeitschrift »Theater heute« zum Nachwuchsregisseur des Jahres 2010 gewählt wurde und seitdem als Hausregisseur am Maxim Gorki Theater Berlin sowie am Thalia Theater Hamburg tätig ist. Das Bayerische Staatsorchester und den Chor der Bayerischen Staatsoper leitet der israelische Dirigent Omer Meir Wellber, der in Münchenbereits mit »La Traviata« zu sehen war. Dazu kommt die SOLDance Company, die im zweiten Akt den Maskenball eröffnen wird – nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Kassenschlageroper Giuseppe Verdis. ||

LES VÊPRES SICILIENNES
Nationaltheater| 18., 25.
März| 18 Uhr | 15., 22. März| 19 Uhr
Tickets: 08921851903

 


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