In »König Hamed und das furchtlose Mädchen« werden Geschlechterbilder ad absurdum geführt und gleichzeitig zementiert.

Lautmalen können Peter Hinz, Uwe Topmann und Cédric Pintarelli (v. l.) gut| © Christian Kleiner

Sonne – blauer Himmel – Wüste – gelber Sand – Hitze – Karawane – Kamele – Esel. Was wie eine Tourismuswerbung klingt, ist der imaginäre Spielort des Märchens »König Hamed und das furchtlose Mädchen«. Irgendwo in Ägypten muss sich die Geschichte abspielen, denn es ist von den Wassern des Nils die Rede. Da lebt der als stolz, kriegerisch, streng und gerecht beschriebene König Hamed bin Bathara. Jahrelang zieht er in den Krieg und vernachlässigt seine Frau, die nach sechs Jahren Lesen und Schreiben lernt, weil ihr schon seit drei Jahren langweilig ist, und die nach sieben Jahren anfängt zu trommeln. Als Hamed zurückkehrt, erwischt er sie mit dem Trommellehrer und schmeißt alle Frauen aus dem Land, vom Baby bis zur Oma, weil echte Tugend nur bei Männern zu finden sei. Nur Mutti darf bleiben. Und bei Todesstrafe ist es Frauen verboten, Hameds Land zu betreten.Das macht Prinzessin Sherifa neugierig. Im Handumdrehen lernt sie zu stehen, zu gehen, zu trinken, zu spucken, zu scherzen, zu jagen und vor allem im Stehen zu pinkeln wie ein Mann, um als Prinz Sherif im Nachbarreich vorzusprechen – und wundert sich, weil in König Hameds Reich Männer frauenspezifische Arbeiten verrichten und sie keinen Staub findet, wenn sie verstohlen mit dem Finger irgendwo drüberstreicht. Hamed wird misstrauisch und stellt Sherifa Aufgaben, in denen sie sich als vollwertiger Mann erweisen muss. Die meistert sie mit Bravour und macht sich aus dem Staub, nicht ohne eine freche Nachricht zu hinterlassen.

Das musikalisch strukturierte Erzähltheater nach einem arabischen Märchen stellt begleitet von einem arabischsprachigen Erzähler (den die Kinder nicht verstehen, weswegen es dann immer unruhig wird) Männer- und Frauenklischees einander gegenüber. Das ist durchausvergnüglich. Stark ist der musikalische Drive von Andrea Gronemeyers Inszenierung, die sie schon in Mannheim zeigte. Stark auch die Szenen, wenn Peter Hinz, Cédric Pintarelli und Uwe Topmann lautmalerisch Straßen- und Marktszenen herbeizaubern. Was aber die Spiegelung von Geschlechterklischees ad absurdum führt, ist die Art und Weise, wie Frauen vom rein männlichen Ensemble dargestellt werden. Mit einem befremdlichen Gestenkatalog von vorgestern, als wären sie »Charleys Tante« entstiegen. Das Ende kann man nur als systembewahrend bezeichnen. Hamed hat sich natürlich in Sherifa verliebt, braucht Monate, um ihren Palast ausfindig zu machen. Und dann heißt es lapidar, er heiratet sie. Aber warum sollte eine so kluge, schöne und listenreiche Frau ein so aufgeblasenes, grausames und egoistisches Muttersöhnchen nehmen? Da wird den Kindern ab acht Jahren, für die das Stück gedacht ist, die Botschaft vermittelt: Egal, wie klug und toll eine Frau ist, zum Schluss heiratet sie den erstbesten Idioten, der sie will. Geht’s noch? ||

KÖNIG HAMED UND DAS FURCHTLOSE MÄDCHEN
Schauburg – Theater für junges Publikum
27. Jan.| 20 Uhr | 28. Jan.| 16 Uhr | 29., 30. Jan.| 9.30 Uhr | 29. Jan.| 11.30 Uhr
Tickets 089 23337155

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