Das Filmschoolfest zeigt beeindruckende Werke von Filmhochschulen aus aller Welt.
Ja, hier können schon mal Fische schreiend an den Bäumen hängen. Das Filmschoolfest zeigt wieder, dass der Nachwuchs seine ganz eigenen Strategien hat, das Publikum sprachlos zu machen. Dazu gehört es auch, die Fische schreien zu lassen, wie Jonatan Schwenk in seinem düster-surrealen Animationsfilm »Sog«. Daneben laufen weitere 43 Werke, unterteilt in Spiel-, Dokumentar- und Animations-/Experimentalfilm. Die Auswahljury setzt sich in diesem Jahr aus Olga Domżała (ehemals PR-Leiterin des polnischen Filmverleihs Monolith), Susanne Burg (Filmredakteurin beim Deutschlandfunk) und dem niederländischen Regisseur und Schauspieler Tice Oakfield zusammen, die sich in über 250 eingeschickte Kurzfilme vertieft haben.
Und ihre Auswahl hat einige Perlen zu bieten, zum Beispiel »Pink Ladies« der französischen Regisseurin Pauline Sicard. Ihr 21-minütiger Blick auf die Arbeit in einem Striplokal besticht nicht nur durch die authentische Arbeit ihrer Schauspielerinnen, sondern auch durch eine Atmosphäre, die irgendwo zwischen Traum und Tristesse schwebt. Mit »About the Birds and the Bees« bringt Janne J. Vanhanen dann ein Stück finnische Nüchternheit mit ins Programm und erzählt unfassbar komisch vom verzweifelten Versuch eines Vater-Sohn-Gespanns, die Pille danach zu besorgen. Im Dokumentarfilm sticht besonders der Beitrag »Grenzenlos« von Aria Azizi heraus. Hierfür reiste der Regisseur nach Griechenland, Mazedonien und Ungarn, wo er die Situation der gestrandeten Flüchtlinge festhielt. Azizi, der 2009 selbst als Flüchtling in Athen festsaß, schafft es jedoch durchaus, positive Stimmung aufzubauen. Vor allem sind es die Kinder, für die sich seine Kamera interessiert. »Sie kennen keine Grenzen«, wie er aus dem Off kommentiert und halten alles für ein großes Abenteuer.
Auf diese Nähe verzichtet »Find Fix Finish« komplett. Der Münchner Film von Sylvain Cruiziat und Mila Zhlutenko nutzt ausschließlich die Vogelperspektive, zeigt mit ihr nebensächliche Dinge wie fahrende Autos oder Menschen am Strand. Da rüber hört der Zuschauer die Berichte dreier amerikanischer Drohnenpiloten, bei denen das Überwachen und Töten deutliche Spuren hinterlassen haben. Der zweite Beitrag von der HFF – Anna Rollers »Pan« – ist dagegen ein Spielfilm. Es beginnt mit einer Ecstasytablette und mündet in einem Teen-Angst-Experiment, dessen Stil an Akiz’ »Der Nachtmahr« erinnert. Sex, Rausch und Paranoia zerfließen im Discolicht zu einem lange nachhallenden Mysterium. Eigentlich hätte man das Ganze gern als Langfilm.
Neben dem schon genannten »Sog« stechen im Animationsbereich zwei durchaus gegensätzliche Filme heraus. Deniz Zagli von der Filmuniversität Babelsberg zeigt mit »Baba und Sohn – im Hamam« ein humoristisches und farbenfrohes Spiel über das Erwachen der Sexualität und das Band zwischen Vater und Sohn. Alexandru Petru Badelita spendet mit der französischen Produktion »I Made You, I Kill You« das Kontrastprogramm. Mit dieser Mischung aus Homevideos und Cutout-Animationen verarbeitet er seine Kindheitstraumata, das negative Verhältnis zu seinem Vater und die Enge des Heimatdorfes. Gleichzeitig versucht er aber auch ein Psychogramm der Eltern zu erstellen, stellt ihre Geschichte der seinen gegenüber und vermittelt so ein umfassenderes Bild. Man darf also gespannt sein, wer den mit 7500 Euro dotierten VFF Young Talent Award für den besten Film bekommt. Verdient hätten ihn allerdings schon mehrere. ||
FILMSCHOOLFEST
19.–25. November| Hochschule für Fernsehen und Film
Programm und Ticket-Info
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