Vor allem, wenn’s dabei um die Liebe geht. Wie im neuen Programm des Kabarett-Duos Faltsch Wagoni. Das hat in der Lach & Schieß Premiere.
Sie sind seit 35 Jahren ein Paar, im Leben wie auf der Bühne. Da verblüffen sie als Kabarett-Duo Faltsch Wagoni immer wieder mit ihrer sehr schrägen, höchst eigenwilligen Mischung aus Wortspielen, Dada-Texten, Musik und viel Rhythmus. Nach einer so langen, engen Beziehung kennt man sich mit der Liebe aus. Also kein Wunder, dass Amore im neuen Programm von Silvana und Thomas Prosperi eine Hauptrolle spielt. Verwunderlich aber, dass der Titel heißt: »Auf in den Kampf, Amore!« Wie ist das gemeint? Das Künstlerpaar Prosperi gibt Auskunft.
Silvana: »Amore ist Kampf. Im Leben gibt’s nichts ohne Kampf. Auch unsere Beziehung ist eine ständige Auseinandersetzung. Wir meinen den Titel aber als Mutmacher – im Politischen und Persönlichen. Nicht weggehen, sondern sich auf Streit einlassen. Sich nicht unterkriegen lassen, nicht den Kopf in den Sand stecken.« Thomas: »Amore meint auch Menschenliebe, nicht nur die zum Auto. Politik ist ohne Liebe nicht möglich, sonst gehen wir alle baden. Wir lassen uns zu einem eher politischen Programm hinreißen, denn in dieser extremen Zeit passiert Ungeheuerliches in Politik und Umwelt. Als Rahmen haben wir eine kleine Utopie gebastelt: einen Rückblick aus naher Zukunft auf die Jetztzeit. Wie’s ist, wie’s sein könnte. Und wie sich’s in Zukunft verändert haben könnte.« Silvana: »Natürlich nicht nur faktisch, sondern mit einem absurden Aspekt, es muss verrückt sein.« Thomas: »Wir nehmen nicht konkrete politische Geschehnisse aufs Korn, uns geht es um das Gefühl: Was macht diese Welt mit uns? Eine Anregung war das Buch ›Der Papalagi‹von 1920. Darin lässt der deutsche Schriftsteller Erich Scheurmann einen fiktiven Südseehäuptling in Reiseberichten den Westen aus seiner Sicht schildern.«
»Das ist bestimmt unser politischstes Programm«, sagen beide. Was damit zu tun hat, dass sie seit zwei Jahren in Herrsching aktiv mit Flüchtlingen arbeiten. Ein Helferkreis öffnet als Anlaufstelle drei Mal wöchentlich ein Café. »Eine Lern- und Lach- und Treffstube«, nennt Thomas das. »Die Leute kommen mit Hausaufgaben und Behördenformularen. Wir organisieren Veranstaltungen, Feste und Konzerte, Schwimmkurse und Musikkurse. Wir arbeiten viel mit Behörden, und die Wohnungssuche für Flüchtlinge ist sehr mühsam. Das nimmt unser Leben inzwischen unheimlich ein.« Silvana erklärt: »Wenn ich mich persönlich engagiere und was tue, halte ich den Rechtsruck besser aus. Wir haben den gemeinnützigen Verein ›Wir schaffen das e.V.‹gegründet. Die Helfer kommen aus allen Schichten – in so einem kleinen Ort kennt man sich. Uns geht’s nicht nur um Kurse, auch um Lebensfreude und Feste, zum Beispiel mit türkischen Musikern. Jeden Monat gibt’s ein orientalisches Buffet.« Thomas: »Letzthin hat unsere Gruppe eine Familie wieder zusammengebracht. Der kurdische Mann war in Herrsching, seine Frau, eine Jesidin, mit den sechs Kindern noch auf der Flucht. Da haben wir geholfen, Visa zu beschaffen und sogar eine Wohnung für die Familie gefunden.« Silvana: »Aber viele haben jetzt Angst vor der Abschiebung, seitdem sind sie nicht mehr
so lernbegierig. Die sind alle traumatisiert. Im Vergleich zu deren Problemen sind unsere läppisch. Uns tut’s auch gut zu merken, wie die Ausländer uns sehen.«
Das alles taucht verarbeitet im neuen Programm auf. Silvana: »Die Zeit ist aufgewühlt und wir auch – da kann man sich nicht mehr raushalten. Das schlägt sich in unserem neuen Programm nieder.« Wobei »Amore« eben mehr meint als nur eine Zweier-Liebesbeziehung, obwohl die auch mal besungen wird. »Wir brauchen Menschenliebe«, sagt Silvana. »Und eine neue Aufklärung. Die Welt ist schon sehr erkaltet. Wir kämpfen als Wortkämpfer für Freiheit, Gleichberechtigung, Chancengleichheit. Wir müssen immer wieder kämpfen.« Wer Faltsch Wagoni kennt, weiß, dass sie dank einer 35 Jahre erprobten »gepflegten Streitkultur« äußerst unterhaltsam zu kämpfen verstehen. Thomas verspricht »ein sehr poetisches Programm und schöne Songs«. Und Silvana: »Der Kampf soll Spaß machen.« ||
AUF IN DEN KAMPF, AMORE!
Lach- und Schießgesellschaft| 17.–21. Okt.| 20 Uhr
Tickets: 089 391997
Pasinger Fabrik| 29.–31. Dez.| 20 Uhr
Tickets: 089 82929079
Das könnte Sie auch interessieren:
Theaterfestivals in München | MF Online Deluxe
Theater in München: Georg Ringsgwandl, Kammerspiele, Volkstheater ...
»Wer immer hofft, stirbt singend« an den Kammerspielen
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton