Das Münchner Filmmuseum widmet Roman Polanski, einem der großen Regie-Exzentriker des zeitgenössischen Films, eine umfassende Retrospektive. Neben der Sichtung seiner sattsam bekannten Meisterwerke gilt es vor allem, dem jungen Künstler in seinen Kurzfilmen und frühen Arbeiten nachzuspüren.

Polanski in »Tanz der Vampire« © Filmmuseum

Es gibt wohl kaum einen Regisseur, der öfter und länger in den Schlagzeilen war als Roman Polanski. 1969 wurde seine zweite, damals hochschwangere Frau Sharon Tate ermordet, 1977 musste er sich vor einem US-amerikanischen Gericht wegen Vergewaltigung einer Minderjährigen verantworten. Ein Urteil konnte jedoch nie gefällt werden, da sich Polanski der Justiz entzog, indem er die USA verließ und diese seitdem nie wieder betreten hat. Auch heute, 40 Jahre danach, ist er immer noch auf der Flucht, kommt nicht zur Ruhe. Erst vor wenigen Wochen wurde der inzwischen 84-Jährige mit der Aussage einer US-Bürgerin konfrontiert, die behauptet, ebenfalls in den 1970er Jahren von ihm sexuell missbraucht worden zu sein. Ein weiteres gefundenes Fressen für die Regenbogenpresse, die das Thema genüsslich auf ihren Titelseiten ausschlachtete. Fakt ist, dass Polanski noch nie ein Kind von Traurigkeit war und ein gerüttelt Maß zu seinem miesen Image als Privatperson beigetragen hat. Da fällt es schwer, so mir nichts dir nichts das Thema zu wechseln und sich jenem Metier zu widmen, das der gebürtige Pariser mit polnischen Wurzeln wie kaum ein anderer beherrschte. Das Filmmuseum tut es trotzdem und ausschließlich, Gott sei Dank.

Ohne dem Meister zu nahe treten zu wollen, lässt sich auf den ersten Blick feststellen, dass dem Regisseur in den letzten 15 Jahren kaum noch nennenswerte Werke gelungen sind, sieht man einmal von seiner virtuosen Adaption des Theaterstücks »Der Gott des Gemetzels« ab, wo er einmal mehr sein unglaubliches Gespür für Schauspielerführung an den Tag legte. Berühmt wurde Polanski jedoch durch andere Filme: seine herrlich groteske Horrorparodie »Tanz der Vampire« (1967), den bahnbrechenden Mysterythriller »Rosemary’s Baby« oder die eigenwillige Hitchcock-Hommage »Frantic« (1987). In die Annalen der cineastischen Geschichtsbücher ging der kongeniale Filmemacher mit zwei anderen Meilensteinen ein: »Chinatown« (1974), ein stilbildender Film noir, dessen klassische Krimihandlung nach und nach in eine menschliche Tragödie mündet. Und »Der Pianist«, sein vielleicht persönlichstes Werk über das Schicksal eines polnischen Klavierspielers während des Zweiten Weltkriegs, das mit drei Oscars ausgezeichnet wurde, darunter auch für die beste Regie.

Doch das sind die gängigen Titel, die nicht nur dem Polanski-Fan etwas sagen, viel interessanter sind deshalb jene ersten Gehversuche, wodurch der junge Absolvent der Filmhochschule von Lodz sein unglaubliches visuelles und dramaturgisches Potenzial andeutete – wie zum Beispiel »Das Messer im Wasser« (Filmmuseum, 17. Oktober, 18.30 Uhr), sein Langfilmdebüt, das sein Talent für das Inszenieren atmosphärisch dichter Kammerspiele begründete, oder »Wenn Katelbach kommt …« (24. Oktober, 18.30 Uhr), ein völlig schräg-abstruser Gangsterfilm von 1966, der im selben Jahr auf der Berlinale den Goldenen Bären erhielt. Wer ganz früh in Polanskis Wirken und Werke einsteigen will, dem sei das Kurzfilmprogramm am 20. Oktober um 21 Uhr ans Herz gelegt. Und einen hervorragenden Überblick über den Filmemacher und sein Tun gewährt schließlich Laurents Bouzereaus Dokumentation »Roman Polanski: A Film Memoir« (19. Oktober, 19 Uhr). Die Gespräche hierzu wurden übrigens 2009 in Gstaad geführt, wo Polanski mehrere Monate unter Hausarrest der Schweizer Behörden stand – erneut im Zusammenhang mit den Ereignissen aus dem Jahre 1977. ||

RETROSPEKTIVE ROMAN POLANSKI
Filmmuseum München| 19. Oktober bis 20. Dezember| Vollständiges Programm und Spielzeiten

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