Die brasilianische Choreografin Lia Rodrigues ist wieder mit einem hoch energetischen Tanzstück in der Muffathalle zu Gast.

Mit Kaffee und Kurkuma: » For the sky not to fall« von Lia Rodrigues | © Sammi Landweer

Flugreisen sollten vermieden werden, Bühnenbilder sollten – um das ersparte Geld in Künstlerhonorare zu investieren – nur aus bereits vorhandenen Materialien hergestellt werden und leicht transportabel sein, das forderte der Regisseur Benjamin Verdonck 2011 in einem künstlerischen Manifest zur Nachhaltigkeit von den Theaterhäusern und freien Gruppen in Flandern. Solch ökologische und ethische Nachhaltigkeit praktiziert Lia Rodrigues in Rio de Janeiro seit langem. Fliegen muss ihr Ensemble, denn sonst könnten die Brasilianer nicht in Europa gastieren. Aber das Bühnenbild passt allemal in ein, zwei Koffer. Bei ihrem faszinierenden Stück »Pindorama«, vor zwei Jahren in der Muffathalle zu sehen, hatten sie nur eine Plastikplane im Gepäck, dazu Kondome und Plastikflaschen, die mit lokalem Münchner Wasser befüllt wurden. Oder sie hatten das – noch nachhaltiger – alles vor Ort gekauft. Es ist ein »armes« Theater, eine poetische, hoch intensive Körperkunst, die Rodrigues mit ihrer Companhia de Danças entwickelt hat. In einer Favela von Rio betreibt die bedeutendste Choreografin Südamerikas seit 2009 das Centro de Artes da Maré, ein Proben- und soziales Kulturzentrum, das mithilfe französischer und deutscher Koproduzenten ihrer Stücke überleben kann.

Ihre letzte Produktion »Para que o céu não caia«, die Access to Dance nun in der Muffathalle präsentiert, hat Rodrigues während einer Residenz in Hellerau fertiggestellt. Es geht um den gemeinsamen menschlichen Umgang und um den gemeinsamen Himmel. Denn dass der Himmel einstürzen könnte, fürchteten nicht nur die Kelten, es ist auch ein mythologischer Weltende-Topos der Yanomami. Auf den Spruch des Schamanen Davi Kopenawa, wir müssen Sorge tragen, dass der gemeinsame Himmel Schaden nimmt, bezieht sich der Titel des neuen Stücks. Auch hier werden sich die Tänzer wieder hoch energetisch verausgaben und auf besondere Weise mit dem Publikum verbinden. Und Kaffee kommt zum Einsatz – der größte Exportartikel Brasiliens. Deutschland ist übrigens größter Abnehmer des weltweit größten Kaffeproduzenten – und Brasilien musste 2017 erstmals eine Million Säcke importieren, um den Eigenbedarf decken zu können: Die Dürre verursachte den Mangel und hohe Preissteigerungen. Nicht nur deshalb müssen wir den Himmel und das Klima schützen, denn wir leben zusammen in einer Welt.

Lia Rodrigues: Para que o céu não caia / For the sky not to fall
Muffathalle | Zellstr. 4 | 5. September, 20.30 Uhr

 


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