Ganz kurz klart es an einigen Stellen auf, dann zieht es aber schnell wieder zu. Der Himmel ist bei der Eröffnung des Fünf Seen Filmfestivals nicht unbedingt in Feierlaune. Aber schließlich soll man auch nicht nach oben schauen, sondern nach vorne auf die Leinwand.
Das Festival »an einem der schönsten Fleckchen Deutschlands« (Moderatorin Marieke Oeffinger) zeigt in diesem Jahr 181 Filme. Erstmals auch im Breitwand-Kino in Gauting. Das Kino in Herrsching ist hingegen dieses Jahr zum letzten Mal dabei. Weiterhin neu ist der DACHS-Drehbuchpreis. Der Preis konzentriert sich auf das beste Drehbuch 2016/17 aus den Deutschland, der Schweiz, Österreich und Südtirol. »Ein gutes Drehbuch braucht Authentizität«, wie Festivalleiter Matthias Helwig betont. Hunderte von Handlungssträngen seien unnötig, gerade eine geradlinige Story könne am besten fesseln. Einige Beispiele dafür soll es natürlich auf dem Festival geben.
Und natürlich bleiben auch die Stargäste nicht aus. Eva Mattes ist bereits vor Ort, der ungarische Regisseur István Szaló ist auf dem Weg. Letzterer sagte übrigens am Handy in der Straßenbahn zu, wie Helwig erzählt. Der Gaststar dieses Abends ist allerdings die kanadische Schauspielerin Kari Matchett, die auf ihrer ersten Rundfahrt durch Bayern bemerken durfte, dass sich Kanada architektonisch doch einiges abgeschaut hat. Sie spielt eine Nebenrolle im Eröffnungsfilm »Maudie«, allerdings eine, die den Verlauf der Handlung sehr stark beeinflusst. Noch bevor Helwig den Film auf der Berlinale sah, hatte er das Gefühl, er würde der richtige Eröffnungsfilm für dieses Jahr sein. Sein Riecher hat ihn dabei nicht getäuscht: »Von Anfang an zieht der Film einen hinein«.
»Maudie« zeigt das Leben der bei uns recht unbekannten kanadischen Malerin Maud Lewis. Obwohl von Geburt an mit Arthritis geschlagen, schaut Maud (Sally Hawkins) mit einem kindlich-freundlichen Blick in die Welt. Ihre große Leidenschaft ist das Malen, allerdings hat sie keine Lust mehr, bei der verständnislosen Tante (Gabrielle Rose) dahinzuvegetieren. Deshalb heuert sie als Hausmädchen beim tumben Fischer Everett Lewis (Ethan Hawke) an. Was am Anfang nach einer Sackgasse aussieht, entwickelt sich zu einer sehr eigenwilligen Liebesbeziehung. Und durch die Zufallsbegegnung mit der New Yorkerin Sandra (Kari Matchett) auch zu einer Künstlerkarriere.
Was diesen Film so besonders macht ist nicht nur die famose schauspielerische Leistung der Hauptdarsteller, sondern auch die gekonnte Mischung aus Humor und Tragik, Romantik und Realismus. Da flossen in der Starnberger Schloßberghalle schon ein paar Tränchen, die im nächsten Moment schon von Lachen abgelöst wurden. Matthias Helwig hat bei »Maudie« also wirklich ein gutes Bauchgefühl bewiesen. Kann man sich einen besseren Start vorstellen?
FÜNF SEEN FILMFESTIVAL
Verschiedene Spielorte | 27. Juli bis 5. August
Vollständiges Programm
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