Das Fünf Seen Filmfestival überzeugt einmal mehr mit einem vielseitigen Programm.

Festivalleiter Matthias Helwig | © Fünf Seen Filmfestival

Wenn Festivalleiter Matthias Helwig ruft, kommen sie scheinbar alle wie von selbst. Jedes Jahr aufs Neue gelingt es dem umtriebigen Chef der »Breitwand«-Kinos, zahlreiche Stars der nationalen Film- und Fernsehbranche Ende Juli, Anfang August für einige Tage ins Fünfseenland zu locken. Wobei auch das Fünf-Seen-Filmfestival selbst stetig internationaler wird, erneut mit mehreren Länderempfängen (u.a. Taipeh) und Partnerländern (wie Taiwan und Indien) aufwartet und sich ein weiteres Mal ein filmisch besonders aufregendes Gastland im Fokus auserkoren hat: In diesem Jahr richtet sich beim »11. Internationalen Fünf Seen Filmfestival« der Cineastenblick des Festivalmachers gen Osten – nach Ungarn, der Heimat der aktuellen Berlinale-Hauptpreisträgerin Ildikó Enyedi, die dort im Februar mit »Testrol és lélekrol – Körper und Seele« den »Goldenen Bären« gewann.

»Ich möchte die Möglichkeit bieten, mehr zu erfahren über dieses Land, dessen Bild gerade in jüngerer Zeit von Stereotypen geprägt ist«, erklärte Matthias Helwig seine Entscheidung für Ungarn im Vorfeld der Programmierung. »Es gibt eine Vielzahl von ausgezeichneten, hochinteressanten Filmen aus Ungarn, die es mehr als wert sind, gesehen zu werden«, ist der Gilchinger Kinoenthusiast überzeugt. Aus diesem Grund werden in beinahe allen Programmsektionen ganz bewusst viele neue ungarische Produktionen – oft von jungen Regisseuren – auf dem FSFF präsentiert, weil sich Helwig gerade für deren ungewöhnliche Handschriften als Autorenfilmer interessiert – und er sie nun einem breiteren Publikum näherbringen möchte. Viele Vertreter dieser jungen Garde werden obendrein persönlich ihre Werke auf dem Fünf Seen Filmfestival vorstellen, was zusätzlich Neugierde schafft. Aber auch bereits erfahrenere Filmemacher aus Ungarn – wie beispielsweise Roland Vranik mit »Die Bürger« im Reisegepäck – werden zum arrivierten Wohlfühlfestival in der Urlaubsidylle zwischen dem Starnberger See und dem Ammersee kommen.

Der »Kino-Gott« zu Gast im Fünfseenland

Nach deutschsprachigen Meistern ihres Fachs, wie zum Beispiel Volker Schlöndorff, Wim Wenders, Edgar Reitz oder Dominik Graf im Bereich Regie, Wolfgang Kohlhaase (Drehbuch) oder dem jüngst verstorbenen Ausnahmekameramann Michael Ballhaus sowie zahlreichen Erste-Klasse-Schauspielern mit Hollywood-Erfahrung (u.a. Armin Müller-Stahl und Senta Berger) in der unmittelbaren Festivalvergangenheit werden in der diesjährigen Ausgabe erneut zwei Große ihres Metiers die Starnberger Region besuchen – und ihr einen mondänen Filmglamour verleihen. Zudem stehen beide Ehrengäste in direkter Verbindung zum Gastland Ungarn.

Zum einen begrüßt Matthias Helwig nämlich dieses Mal den »Kino-Gott« höchstpersönlich: István Szabó, wie ihn »Der Spiegel« auf dem Zenit seines Schaffens einst ehrfurchtsvoll genannt hatte. Der inzwischen 79-jährige Regisseur aus Budapest, der sich spätestens seit den frühen 1980er Jahren internationale Filmlorbeeren verdient hatte (z.B. mit »Mephisto« und Klaus Maria Brandauer in der Rolle seines Lebens sowie einem Oscar für den besten fremdsprachigen Film für seine ungarische Heimat), wird vom 28. Juli bis zum 2. August auf dem FSFF zu Gast sein. Bei dieser Gelegenheit wird es den Zuschauern möglich sein, jüngste (»Hinter der Tür«) wie jüngere (»Taking Sides – Der Fall Furtwängler«, »Being Julia«), aber natürlich auch viele ältere Meisterproduktionen (u.a. »Vertrauen – Bizalom«, »Oberst Redl«, »Hanussen«) aus der Autorenhand des ungarischen Regieveteranen im Rahmen einer umfangreichen Werkschau sehen zu können: für die einen ein weiteres Mal, für andere sicherlich zum ersten Mal überhaupt.

Fassbinder, Zadek, Tatort – Eva Mattes schafft alles

Zum anderen wird Matthias Helwig gemeinsam mit seinem engagierten Team Eva Mattes den roten Teppich ausbreiten – und so das 11. Fünf Seen Filmfestival, in Anlehnung an den großen Bruder aus Venedig, sicherlich ein weiteres Mal in eine Art »bayerische Mostra« verwandeln: mit Spitzenfilmen im Sommer, in sonniger Traumkulisse und mit der Möglichkeit zur direkten Abkühlung in einem der wunderbaren Seen oder den anliegenden Biergärten zwischen den einzelnen Filmscreenings. Jener einzigartige Mix aus kosmopolitischer Grundhaltung und lokaler Bodenständigkeit kennzeichnet auch den Werdegang von Schauspielerin, (Synchron-)Sprecherin und (Chanson-)Sängerin Eva Mattes, die selbst ungarisch-österreichische Wurzeln hat und seit den 1970ern durch ihr vielfach preisgekröntes Wirken sowohl im Film (z.B. bei Rainer Werner Fassbinder, Roland Klick, Helma Sanders-Brahms oder ihrem zeitweiligen Lebenspartner Werner Herzog) wie auf der Bühne (u.a. bei Peter Zadek, Wilfried Minks oder Werner Schröter) zu einer Ausnahmeerscheinung gereift ist.

Egal ob für ein großes Kinopublikum (wie zum Beispiel als Frau Rotkohl in der Adaption von Paul Maars »Das Sams«), als populäre TV-Ermittlerin Klara Blum im SWR-»Tatort« (2002 – 2016) oder als gefeierte Aktrice in skandalbehafteten Autorenfilmen (»O.K.« von Michael Verhoeven oder »Wildwechsel« von Rainer Werner Fassbinder): Eva Mattes gelingt als Künstlerin mit ungeheurer Ruhe und Präzision schier alles – seit nunmehr gut 50 Jahren. Am 28. Juli wird sie außerdem im herrlichen Ambiente des alten Landsberger Stadttheaters ein Konzert geben – und so das erneut prächtig kuratierte Festivalprogramm von Matthias Helwig auch musikalisch veredeln. Kurzum: Auf zu den Wogen des Kinoglücks – und sich in über 300 Vorstellungen mittreiben lassen. ||

FÜNF SEEN FILMFESTIVAL
Verschiedene Spielorte | 27. Juli bis 5. August
Vollständiges Programm

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