Künstlerfrühling auf der Praterinsel: Ende Mai präsentieren sich an diesem alternativen Messestandort wieder Produzenten und Plattformen im Rahmen der ARTMUC.
Was braucht man, um auf dem Kunstmarkt erfolgreich zu sein? Eine gute Ausbildung an den bekannten Kunstakademien? Eine Galerie, die einen vertritt? Oder einfach Leidenschaft und Kreativität? Für Künstler der zuletzt genannten Kategorie ist die ARTMUC genau der richtige Ort. Einige der Künstler und Künstlerinnen sind Schriftsteller, Pädagogen, Kommunikationswissenschaftler oder sogar Diplomgeografen. Was sie eint, ist die künstlerische Kreativität, die sie nebenberuflich ausüben – und die natürlich auch gezeigt werden soll.
So hat die fünfköpfige Jury auch für die vierte Ausgabe der ARTMUC aus über 500 Einsendungen 90 Künstler sowie 20 Galerien und Plattformen ausgewählt. »Vor allem aus Österreich und der Schweiz sind dieses Mal viele Bewerbungen eingegangen«, sagt Raiko Schwalbe, der Gründer und Messeorganisator. Für einen Teil der Auswahl ist er selbst verantwortlich, Director’s Choice nennt sich das Konzept. Wichtig seien ihm vor allem die multimedialen Kunstwerke, ARTMUC Digital, auch dieses Jahr wieder vertreten durch Betty Mü und Cendra Polsner.
Der Holzblick auf den Bildschirm
Für den Rest der Auswahl war die fachkundige Jury verantwortlich. »Als wir uns im Januar zusammengesetzt haben, um unsere Stimmen zu verteilen, hatte jeder von uns ein Vetorecht«, erzählt Galeristin und Kunstgeschichtsdozentin Karin Wimmer. Gemeinsam haben sie und Dörthe Bäumer (Künstlerin und Kunsthistorikerin), Richard Hess (Geschäftsführer der Richard Stury Stiftung), Guido Redlich (Werbefachmann und Stiftungrat der Pinakothek der Moderne) sowie Uta Römer (Art Consultant und Autorin) in einem zeitintensiven Verfahren die besten Künstler für die Messe ausgesucht. »Natürlich haben wir dabei auch auf eine gute Mischung der Kunstgattungen geachtet«, so die Galeristin.
Darunter ist zum Beispiel das Hamburger Künstlerkollektiv Innerfields zu finden. Eigentlich haben die drei Gründer Holzbildhauer, Uhrmacher und Textildesigner gelernt, bevor sie sich zusammentaten, um frei nach dem Motto »Kunst gehört nicht an die Wand, sondern auf die Wand« als Flächendesigner zu arbeiten. Jetzt besprayen sie im Auftrag Hausfassaden. Hauptberuflich arbeiten alle in einer Werbeagentur. Wahrscheinlich deshalb setzt sich ihre Kunst teilweise kritisch mit den neuen Medien auseinander. Die Holzskulptur von Jakob Bardou etwa zeigt zwei kauernde Gestalten, die sich umklammern. Wie Kugelmenschen sehen sie aus. Die Gesichter weiß angestrahlt, starr auf den Handybildschirm gerichtet.
Kunst ist Ansichtssache
»Die Künstler, die auf der ARTMUC ausstellen, können ungebundener arbeiten«, sagt Karin Wimmer, »einfach, da sie nicht so getrieben sind vom Markt.« Und auch wenn dieses Mal bereits 20 Galerien
beteiligt sind, so sind es kleine Galerien. Denn bezahlbare Preise für alle sind den Messemachern wichtig. Sowohl für die Künstler als auch für die kaufwilligen Besucher. Das Etablierte findet man in München sowieso auf anderen Messen wie der Highlights oder der Kunst & Antiquitäten München.
Auch das Rahmenprogramm macht dies deutlich. Zwar fällt leider der zweite Stock im Haus Nr. 3 dieses Mal weg, allerdings finden in den unteren Räumlichkeiten nach wie vor 13 Künstler und Plattformen Raum, um spannende Kunst zu präsentieren. Unter ihnen sind zum Beispiel die HFF-Studenten Narges Kalhor, Yulia Lokshina und Felix Klee, die eine Video-Installation geplant haben. Und auch der interdisziplinäre Kunstpreis Zwei:Eins von SoNet, dem Sozialen Netzwerk München e. V. , findet dort Platz, um die Gewinner vorzustellen: Alexis Dworsky und seinen Projektpartner Andreas Ruby, Parkour-Sportler. Das Kulturreferat stellt die Kunstschaffenden im städtischen Atelierhaus am Domagkpark vor, indem es eine Gemeinschaftspräsentation und Einzel-Förderkojen für Isabelle Dyckerhoff, Daniel Engelberg, Jette Hampe, Susanne Schütte-Steinig und Bernhard Springer sponsert.
Kunst im Außenraum dank Sculpture Network, einer europaweit agierenden Münchner Plattform für dreidimensionale Kunst, und ein Akustikkonzert sollen das Programm auf der Insel abrunden, immerhin spricht man nicht nur von einer Messe, sondern von einem Festival. Klar ist jedenfalls, im Mai gibt es wieder jede Menge Kreativität auf der Praterinsel – und Kunst ist schließlich Ansichts-Sache. ||
ARTMUC
Praterinsel| Haus-Nr. 3–4, Eingang über den Praterstrand
25. bis 28. Mai| Do/Fr/Sa 12–20 Uhr, So 12–18 Uhr | Kinder bis 16 Jahre frei | Führungen: Do/Sa/So 14 und 16 Uhr
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