Hedwig Rost und Jörg Baesecke erzählen in der Schauburg »Wie die Welt auf die Welt kam«, Judith Huber und Peter Pichler laden mit »Mix Match« zum Verwandeln ein.

Neue Gesichter suchen sich Judith Huber und Peter Pichler | © Laura Martegani

Die alten Fragen, auf die es keine Antwort gibt, haben schon immer die besten Geschichten hervorgebracht, und weil alle Kinder (und Menschen überhaupt) seit Urzeiten wissen wollen, warum es überhaupt etwas gibt und nicht etwa nichts, existieren auch jede Menge wunderbare Erklärungen dazu, wie aus dem Nichts doch etwas geworden ist. In der Bibel brauchte Gott bekanntlich sieben Tage, bei den Chinesen wächst der Riese Pangu in einem Ei 18 000 Jahre lang, bis er die Schale sprengen kann und daraus Erde und Himmel macht, und bei den Navajos ist es ein Kojote, der mit seinem Geheul die Welt mit all ihren Bewohnern hervorsingt.

Seit über 30 Jahren beschäftigt sich das Theater- und Lebenspaar Hedwig Rost und Jörg Baesecke intensiv mit Märchen und Legenden aus mündlicher Überlieferung. Für ihr neues an der Schauburg produziertes Objekttheaterstück »Wie die Welt auf die Welt kam« haben sie Schöpfungsmythen aus den unterschiedlichsten Kulturen rund um den Erdball zu einem mäandernden Erzählfluss zusammengefasst. Dabei sind es nicht nur die fantastischen Geschichten, die Spannung erzeugen. Vor allem fasziniert die Art, wie hier auf der »Kleinsten Bühne der Welt«, die eigentlich nur aus einem leeren Tisch und ein paar an einer Magnetwand befestigten Mappen besteht, eins zum anderen führt: wie aus einem Picknickkorb das Universum, aus bunten Seidenbändern Sonne, Mond und Sterne und aus einem Isarkiesel erst ein Musikinstrument, dann ein Elefantenohr und schließlich ein zerbrochenes Herz werden kann.

All das haben die beiden liebevoll und minutiös ausgetüftelt und so mithilfe von Steinen, Schere und Papier für jede Erzählung eine ganz eigene visuelle Übersetzung gefunden. Da wird eine Schildkröte aus knisterndem Seidenkrepp mit Stricknadeln bewegt, aus präparierten Ringbüchern entfalten sich vielschichtige Vexierbilder und für die nigerianische Göttergroßfamilie um Olorum, Orisha und ihr Huhn braucht es eine ganze Küchenrolle. Die Version der Naturwissenschaft vom Urknall kommt einem bei der Fülle der Möglichkeiten fast schon zu simpel vor. Doch auch dafür hat sich Jörg Baesecke zuletzt noch einen coolen Rap ausgedacht und ein Faltspiel, das immer wieder von vorne losgeht. Von jungen Zuschauern (ab neun Jahren) fordert diese hochkomplexe analoge Erzählweise durchaus Konzentration, liefert dabei aber in einer knappen Stunde viele Anregungen zum Nachdenken und Weiterspielen.

Wilde Mischung

Ein altes Spiel weitergesponnen haben auch Judith Huber und Peter Pichler mit ihrem Verwandlungsschauspiel »Mix Match« für alle ab vier. Wer kennt nicht die zerschnittenen Figuren, bei
denen man den Piratenbauch mit dem Omagesicht, den Eishockeyfüßen und dem Clownshut kombinieren kann? Fast ohne Worte, dafür aber mit vielen Stoffschichten, Spaß an gewagten Umzügen und einem ebenfalls verwandlungsfreudigen Instrument wird hier auf kleinstem Raum gezaubert. Nichts bleibt, was es ist, und nichts ist, was es scheint. Als letztes noch in München verwurzeltes Drittel des legendären Performancetrios Die Bairishe Geisha hat Huber Übung im Verkleiden. Vergnügt häutet sie sich von einer bärtigen Feuerwehrfrau zum schüchternen Zottelmonster, in dem eine resolute Prinzessin steckt, die sich zu einem vogelwilden Strauch auswächst, der schließlich von einem Umzugskarton gefressen wird.

Dazu lässt Peter Pichler sein Mixtur-Trautonium brummeln und fiepen und zwischendurch auch mal klassisch sonor eine Opernarie begleiten. Erfunden im Jahr 1930 von den Musikpionieren Friedrich Trautwein und Oskar Sala, ist der hölzerne Kasten mit unzähligen Knöpfen und Reglern eins der ersten elektronischen Instrumente und Vorläufer des Keyboards. Mit seinem eigens angefertigten Nachbau gibt Pichler Konzerte und hat erst kürzlich eine CD aufgenommen, hier aber ist er im lila Samtanzug und nebenbei am Duschkopf-Telefon Mädchen für alles und hat alle Hände voll zu tun, um Hubers zum Schluss immer sprunghaftere Rollenwechsel zumindest zu einem vorläufigen Abschluss zu bringen. Die kleinen Zuschauer würden sich schon beim Applaus am liebsten selber über die Klamottenkiste hermachen. ||

WIE DIE WELT AUF DIE WELT KAM
Schauburg | 30. März, 4. April| 9.15 Uhr | 1. April| 16 Uhr
4. April | 10.30 Uhr | Tickets: 089 23337155

MIX MATCH
Giesinger Bahnhof | 2 7. April| 10 Uhr | Tickets: 089 18910788

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