Dieter Fischer spielt in der schwarzen Komödie »Das Abschiedsdinner« im Café des Metropoltheaters.
Wie entledigt man sich lästig gewordener alter Freunde möglichst stilvoll? Man verwöhnt sie ein letztes Mal mit ihrem Lieblingsessen, teurem Wein, Lieblingsmusik, wärmt nostalgisch alte Zeiten auf. Natürlich dürfen die Gäste nicht wissen, dass man sich danach nie mehr rühren wird. Das Ehepaar Pierre und Clotilde will diese Abschiedsdinner-Idee eines ihrer Bekannten endlich ausprobieren: Der selbstverliebte Antoine und seine exzentrische Frau Bea gehen ihnen schon lange auf die Nerven.
Vom Autorenduo Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière ist bereits die Boulevard-Groteske »Der Vorname« am Residenztheater zu sehen. Im Stil von Yasmina Reza entlarvt sich da die gehobene Bildungsbürgerschicht selbst im Streit, bis alle Höflichkeitsfassaden zerbröckelt sind. Auch die Nachfolgekomödie »Das Abschiedsdinner« kocht unterdrückte Ressentiments hoch.
Philipp Moschitz hat sie im Café des Metropoltheaters inszeniert, und nutzt außer dem kleinen Bühnen-Podest das Café, das Theaterfoyer und sogar die Straße zum Spielen. In einem rasanten, witzigen Dialog-Ping-Pong klären Pierre (Winfried Frey) und Clotilde (Judith Toth) zunächst die Situation und ihr Ehe-Verhältnis: beide beruflich erfolgreich, zwei Kinder, zu Hause dominiert sie und sieht ihn als Versager, weil er bei jeder Auseinandersetzung einknickt. Antoine kommt allein – Bea ist verhindert. Dieter Fischer (bekannt geworden durch die Serie »Der Kaiser von Schexing«) spielt eine raumgreifende Nervensäge par excellence: ein selbstgefälliger Gutmensch, weitschweifig redselig, mit Donner-Lache und jeder Menge Neurosen.
Dummerweise kennt er das Prinzip des Abschiedsdinners und rauscht beleidigt mit dem Auto ab. Kurz darauf ist er wieder da: mit einem Therapie-Vorschlag. Er überredet Pierre zum Rollen- und Kleidertausch, damit sich jeder in den anderen einfühlt. Denn »unsere Freundschaft ist noch zu retten«, meint er. Wie sich der gewichtige Dieter Fischer beim Klamottenwechsel in die Wäsche des schmächtigen Pierre zwängt, das liefert viel Komik und auch Klamauk. Danach geht’s ohne Angst vor
Peinlichkeit ans Eingemachte – von der Kindheit über die sentimentale Freundschaftsbeschwörung bis hin zur bösen Abrechnung.
Und dabei kommen unliebsame Wahrheiten ans Licht. So dass man sich fragen muss, was nun überlebt: die Freundschaft oder die Ehe. Bis zum offenen Ende inszenierte der Regisseur mit seinen drei fabelhaften Darstellern eine temporeiche, schwarze Komödie mit scharf gezeichneten Charakteren. ||
ABSCHIEDSDINNER
Metropoltheater, Café | Floriansmühlstr. 5
13., 18., 22. Dez., 9., 15., 17., 18., 20., 21., 25.,
31. Jan. 2017| 20 Uhr | So 19 Uhr | Tickets:
089 32195533 | Website
Das könnte Sie auch interessieren:
ETA Hoffmann Theater in Bamberg
Elsa-Sophie Jach: Die junge Residenztheater-Regisseurin
»Fluchtachterl in die Hafenbar« im TamS-Theater
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton