Moses Wolff macht sich mit »Rasputin« im Hofspielhaus einen rechten Jux.
Es gibt Bücher, Filme und sogar drei Opern über sein Leben: Rasputin, der Wanderprediger mit dem wirren Haar und dem irren Blick, der Anfang des 20. Jahrhunderts von Teilen der Moskauer Society und der Zarin herself als Heiliger und Wunderheiler verehrt wurde. Hatte er doch den Zarewitsch angeblich mehrmals von der Bluterkrankheit geheilt. Doch bald gab es Gerüchte über sexuelle Ausschweifungen und Saufgelage, die gerne auch mal von Kirchenvertretern lanciert wurden. Und so wurde der in Ungnade gefallene Rasputin nach mehreren vergeblichen Attentaten 1916 schließlich ermordet.
Kabarettist, Schauspieler und Musiker Moses Wolff, der es als Wildbach-Toni auf Youtube zu einiger Popularität brachte, hat sich nun fern jeglicher Tatsachen der Figur Rasputins angenommen und im Hofspielhaus einen Schmarrn inszeniert, der keinen Kalauer scheut. Die Winzbühne ist ganz und gar mit lilafarbenem Samt ausgeschlagen. Ein Bettpodest dient als Lagerstatt des Zarewitsch, über die sich Schwestern und Eltern kasperltheater-besorgt beugen und des kranken Sohnes hohler Stimme aus dem Off lauschen, die verdächtig nach Lisa Simpson klingt.
Wenn nicht die Großfürstinnen Elisabeth (Sandra Seefried) und Anastasia (Charlotte Stein) sich wollüstig in den lila Laken wälzen, denen hat’s der unordentlich gekleidete Fremde nämlich gehörig angetan, weil er weiß, wie sie’s gern haben und einfach andersch is als die anderen Kerle. In Gestalt dieser reschen Madln drängt das Sexuelle komisch in den Vordergrund. Grundiert wird es von der verklemmten Schmierigkeit des wirklich außerordentlich seltsamen Bischofs (Camillo Rota hinterm Keyboard). Nur der dusselige Zar schnallt nichts, wie die frech-kokette Anastasia sagen würde. Kein Wunder, bei Zarens dominieren nicht nur beliebte deutsche Dialekte, Mutti hat auch so was von die Hosen an, dass es nur einer Schauspielerin (Lucie Mackert) im prächtigen Schlafrock und mit lustigem
Moustache-Lorgnon bedarf, um die Hoheiten akkurat voneinander abzugrenzen.
Dabei erreicht der mümmelig näselnde Zar den größeren Karikaturenfaktor, während die herrische Hausmutter staubtrockene Bonmots raushaut. Und Moses Wolff gestikuliert im Schwarz-Weiß- Einspieler als Rasputin wild expressionistisch aus dem Goldrahmen, als sei Iwan der Schreckliche wiederauferstanden. Auch wenn er gar kein Verwandter des arglistigen Putin ist. ||
RASPUTIN
Hofspielhaus| Falkenturmstr. 8
30. Dez.| 20 Uhr | Tickets: 089 24209333
Hofspielhaus
Das könnte Sie auch interessieren:
Sailors: Matrosen-Artistik im GOP Varieté
»Macbeth«: Shakespeares Stück am Volkstheater
»Bilder von uns« am Volkstheater
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton