Das Gärtnerplatztheater aktualisiert in der Reithalle Henry Purcells »King Arthur«.

King Arthur (Simon Zigah, 3. v. r.) im Kampf mit den Geistern| © Christian Pogo Zach

King Arthur (Simon Zigah, 3. v. r.) im Kampf mit den Geistern| © Christian Pogo Zach

Der bis heute verklärte britische Nationalheld Artus samt sagenumwobener Tafelrunde, ritterlichem Edelmut und Suche nach dem Heiligen Gral – kann man sich dem im 21. Jahrhundert anders nähern als Monty Python in »Die Ritter der Kokosnuss«? Erstaunlich ist beispielsweise, dass schon 1691 der
englische Komponist Henry Purcell (1659–1695) nicht ein pompös donnerndes Staatsopernwerk schuf, sondern eine »semi-opera«. Das signalisierte nicht etwa »nur 50 % Gral« oder »die Hälfte der Arien«, sondern eine bunte Mischform aus meist elektrisierenden Instrumentalnummern, gefühlvollen Arien, viel Theatermaschinenzauber, populären Tanzeinlagen, vielfältigem Chorgesang und Sprechszenen, mit der Besonderheit, dass Götter, Geister und Volk singen, während königliche Menschen nur sprechen. Eine solche Vorlage inspirierte bislang Bühnenteams zu ironisierenden, geradezu kabarettistisch
bunten Inszenierungen.

Doch was der damals angesehene Dichter John Dryden als Librettist am Ende doch in eine Feier
Britanniens und seines Königtums münden lassen wollte, weitete Henry Purcell zu einer Verbeugung vor humaner Herrschaft, treuer Liebe und liebevollem Besitzen aus.Genau da setzt die grundlegende Bearbeitung von Regisseur Torsten Fischer, Herbert Schäfer sowie Vasilis Triantafillopoulos
(Dramaturgie, Bühne und Kostüme) für das Gärtnerplatztheater an. Die ursprünglichen fünf Stunden Spieldauer wurden auf ein heute erträgliches Maß eingekürzt, die hierzulande und heute kaum verständlichen Bezüge auf »Angeln contra Sachsen – hin zu angelsächsischem Königtum« weggelassen. Im Zentrum steht vielmehr die »Menschwerdung« dreier Hauptfiguren: König Arthur findet durch Gefahr und Verlust-Ahnung zu Liebe und Zartheit. Der rivalisierende König Oswald muss erleben, dass Machtgier und daraus resultierende Brutalität ihn scheitern lassen. Und die von beiden geliebte, anfangs schwankende Emmeline ist zunächst blind, real und somit auch für die Muskelspiele der Männer. Erst die sehnsuchtsvoll-demütige Liebe von Arthur lässt sie am Ende »sehend« werden.

Die bis heute aktuelle Erfahrung von Gewalt, Krieg und Tod veranlasst Regisseur Fischer und sein Team zu drei Einfügungen aus der Popkultur, die das ursprüngliche Szenario ergänzen. Da Librettist Dryden mehrmals die gleichen Wörter verwendet, haben Fischer und Mitübersetzer Herbert Schäfer in Emmelines Ahnung einer besseren, ja »himmlischen« Welt Zeilen aus John Lennons »Imagine« eingebaut. Dem stehen Zitate aus »The End« von den Doors gegenüber. Und bevor am Ende Venus ein utopisch liebevoll-glückliches Britannien besingt, lässt Fischer Emmeline den Eröffnungschor aus Luigi Nonos »Intolleranza 1960« sprechen:

»Lebendig ist, wer wach bleibt / sich dem anderen schenkt / das Bessere hingibt / niemals rechnet …«

Damit ist Purcell in der Gegenwart, in der Reithalle angekommen. ||

HENRY PURCELL: KING ARTHUR
Gärtnerplatztheater in der Reithalle | 8. bis 18. Dez.
19.30 Uhr | Tickets: 089 21851960 | Website

 


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