Schlauer als der Rest der Welt – Michael Endes »Momo« ist jetzt auch ein Star der Opernbühne.
Michael Endes preisgekrönter Märchenroman »Momo«, der seit 45 Jahren die Menschen bewegt, ist heute aktueller denn je. Das Staatstheater am Gärtnerplatz bat Wilfried Hiller um Musik und legt die poetische Familienoper über das Geheimnis der Zeit unter den Weihnachtsbaum. »Erkenne dich selbst«, könnte am Eingang des Amphitheaters stehen, in dem Momo ihre Freunde durch Zuhören unterstützt, sich treu zu bleiben. Doch sie leiden zunehmend an Zeitmangel und Effizienzdruck, ausgelöst durch verführerische graue Herren. Wirkt die Kunst des Mädchens auch gegen dieses fremdbestimmte Handeln? Im Gärtnerplatztheater werden Antworten gesucht. Momo, Gigi Fremdenführer, Beppo Straßenkehrer, die Schildkröte Kassiopeia, Meister Hora und die grauen Herren, sie alle sind auf der Bühne zu finden. »Hiller und Textdichter Wolfgang Adenberg bleiben in der Uraufführung genauso nahe am Roman wie die fantasie- und liebevolle Inszenierung von Nicole Claudia Weber«, erklärt Dramaturg Michael Alexander Rinz. Die Hauptrolle ist im Sinne des Erfinders keine singende Heldin. »Momo war für mich von Anfang an eine Schauspielerin, da sie durch Zuhören den Menschen hilft«, ergänzt Wilfried Hiller. Der Komponist war ein guter Freund und künstlerischer Partner des 1995 verstorbenen Schriftstellers Michael Ende und widmete sich mehrmals dem Märchenstoff, in München nun das erste Mal in einer Opernfassung in Zusammenarbeit mit Michael Brandstätter, der die musikalische Leitung übernimmt.
Zwei bis drei Uraufführungen präsentiert das Gärtnerplatztheater pro Saison und schön, wenn sie nicht verschwinden, sondern andere Häuser inspirieren: »Liliom« und »Pumuckl« sind diese Spielzeit in Innsbruck bzw. Gießen zu sehen, und »Momo« scheint ein weiterer Garant für Erfolg zu sein. Doch mehr noch, es ist eine posthume Hommage: »Michael Ende hat mir immer wieder seine eigenen Melodien vorgespielt, die er zur Gitarre sang. Ich habe sie Gigi in den Mund gelegt. Die Melodien ziehen sich durch das ganze Stück«, beschreibt der Komponist seine Herzensangelegenheit. »Für Michael Ende war die asiatische Kultur ein wesentlicher Punkt in seinem Schaffen. So wurde Meister Hora zu einer Art Konfuzius. In seinen Szenen erklingen 18 nordindische Klangschalen und eine Viola d’amore. Die grauen Herren werden mit japanischen Trommeln durch das Stück gejagt. Dieses Musiktheater lebt durch die Spannung zwischen den beiden Kulturen, die durch Momo verbunden werden.« Es sind die Träume, die zählen, die eigenen Gedanken, nicht die Optimierungen, die eine Welt der Entfremdung anbietet. Am Ende geht es um die Selbstbestimmung, und das ist eine Botschaft, die die Großen wie die Kleinen etwas angeht. Und die ein kleines Mädchen mit Herz und Hirn den Menschen mit auf den Weg gibt. ||
MOMO – FAMILIENOPER
Gärtnerplatztheater| 16. Dez.| 18.00 Uhr | 17., 20., 21., 28. Dez., 3., 4., 9., 10., 18. Jan.| 19.30 Uhr | Tickets: 089 21851960
Das könnte Sie auch interessieren:
»Treffpunkt im Unendlichen« an der Schauburg
Elton John / Tori Amos / Heaven 17: Konzerte im April
»Bremer Stadtmusikanten«: Online-Figurentheater von Giesbert & Lutz
Liebe Leserinnen und Leser,
wir freuen uns, dass Sie diesen Text interessant finden!
Wir haben uns entschieden, unsere Texte frei zugänglich zu veröffentlichen. Wir glauben daran, dass alle interessierten LeserInnen Zugang zu gut recherchierten Texten von FachjournalistInnen haben sollten, auch im Kulturbereich. Gleichzeitig wollen wir unsere AutorInnen angemessen bezahlen.
Das geht, wenn Sie mitmachen. Wenn Sie das Münchner Feuilleton mit einem selbst gewählten Betrag unterstützen, fördern Sie den unabhängigen Kulturjournalismus.
JA, ich will, dass der unabhängige Kulturjournalismus weiterhin eine Plattform hat und möchte das Münchner Feuilleton