Künstler aus Südostasien und Südafrika prägen das Festival Spielart 2017.

Die Bank ist jetzt bunt, aber sie wackelt: Mamela Nyamza und Aphiwe Livi in »De-Apart-Hate«| © Suzy Bernstein

Vor zwei Jahren blickten die Spielart-Macher von außen auf Europa. Internationale Gruppenkonfrontierten uns mit ihrem Blick auf unsere Lebenswelt. Am Anfang der Recherche für das Spielart Festival 2017 stand die Neugier von Sophie Becker und Tilmann Broszat, das Wort international ernst zu nehmen. Deswegen reisten sie anderthalb Jahre lang von Yokohama bis Kapstadt, im Westen sind sie nur bis Lissabon gekommen. Und sie stellten fest: Außereuropäische Theatermacher interessieren sich gegenwärtig mehr für sich selbst. Der europafixierte Blick in Asien und Afrika ist der Selbstbespiegelung gewichen. Die Künstler dort wollen sich lieber mit ihren Nachbarn vernetzen und austauschen.

Ein Schwerpunkt des Festivals ist Südafrika mit zehn Produktionen. Die Born-free-Generation dort wendet sich gegen Nelson Mandelas Diktum von der Regenbogennation. Denn geändert hat sich in den letzten 23 Jahren an der Sozialstruktur kaum etwas. Weil keine Landreform stattfand, gehören Grund und Boden immer noch den weißen Südafrikanern. Die Gesellschaft ist trotz Abschaffung der Apartheid in zwei Gruppen gespalten. Das konnte Sophie Becker bei einem Festival erleben. Weiße und Schwarze blieben unter sich, die Weißen gingen zu den weißen Produktionen, die Schwarzen zu den schwarzen. Typisch für die politisch geprägten Arbeiten aus Südafrika ist »De-Apart-Hate« der Tänzerin und Menschenrechtsaktivistin Mamela Nyamza. Sie war schon bei Spielart 2015 zu Gast. In ihrer Performance nimmt sie sich mit Aphiwe Livi ein Symbol der Rassentrennung vor: die Parkbank. Die regenbogenfarbene Bank wippt, wackelt und schwankt hin und her, die Performer versuchen darauf ihren Platz zu finden.

Zweiter Schwerpunkt des Festivals ist Südostasien. So unterschiedlich die einzelnen Länder der Region sind, die Performances aus China, Malaysia, Indien, Singapur und den Philippinen kommen immer wieder zurück auf die Spuren, die der Kolonialismus bis heute hinterlässt – direkt oder indirekt. Hansol Yoon aus Südkorea hat sich 2010 in »Step Memories – the Return of the Oppressed« mit dem Mythos vom guten demokratischen Südkorea auseinandergesetzt. Der Koreakrieg und die Teilung des Landes sind ja auch eine Folge des Kolonialismus. Eins zu eins aufführen wird der Theatermacher und Soziologe seine Produktion in München nicht. Er nimmt eher die Rolle des Entdeckers ein. Begeistert vom Einstein und den Erzählungen von Hermann Wilhelm vom Haidhausen Museum überträgt Yoon seine Arbeitsweise auf die Geschichte des Spielortes Einstein und fragt: Wie beeinflussen historische Erzählungen die Gegenwart, wie entstehen und wem dienen sie? Dazu baut er ein installatives, multimediales Stationendrama mit Zeitzeugenberichten, Archivmaterial, Musik und Filmen auf.

35 Performances aus 23 Ländern zeigen in 16 Tagen an 13 Spielorten bei Spielart 2017 also, womit vor allem Künstler aus der weiten Welt sich beschäftigen. Klingt anstrengend? Wir werden sehen. Und zum Ausruhen gibt es als Festivalzentrum eine Almhütte auf dem Celibidache-Forum am Gasteig. ||

SPIELART FESTIVAL 2017
Verschiedene Spielorte| 27. Okt. bis 11. Nov.

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