…Shakespeare, Beckett oder vielleicht Tom Stoppard. Dominik Wilgenbus stellt mit Stoppards »Rosenkranz und Güldenstern« die Vettern von Vladimir und Estragon auf die Bühne.

Rosenkranz (Niels Klaunick, l. u.) und Güldenstern (Max Beier, r. u.) plagen sich mit Hamlet (David Hang)
© Nikolai Marcinowski

Niels Klaunick und Max Beier rufen – aber so, dass er sie ja nicht hört: Haaamlet. Hammlet! Hamlet? Damit endet dieser Durchgang der Probe zu Tom Stoppards »Rosenkranz und Güldenstern« im Hofspielhaus, bei der man einiges darüber lernen kann, wie fein ziseliert Regisseur Dominik Wilgenbus mit seinen Schauspielern Rollenarbeit betreibt. Wie wichtig eine Pause sein kann und die Länge eines Blicks. »Wenn einer ein Handwerk kann, dann kann er auch alles andere machen«, findet der Regisseur, der zu seinem Leidwesen oft nur in der komischen Schublade verortet wird, obwohl er im Sprech- wie im Musiktheater schon jede Menge Ernstes gemacht hat.

Im kleinen Hofspielhaus führt die Spielfläche extra für diese Inszenierung wie ein Laufsteg auf drei Seiten um das Publikum herum. In Stoppards Stück tritt ein gutes Dutzend Figuren auf. Das ist aber kein Problem, denn Wilgenbus hat eine »Hofspielhausschublade«, da sind Stücke drin, »die so klein sind oder man kann sie so klein machen, dass sie hier reinpassen.« Niels Klaunick ist Rosenkranz, Max Beier Güldenstern, und David Hang spielt alle anderen, also die Figuren aus Shakespeares »Hamlet«. Stoppard stellt die Randfiguren Rosenkranz und Güldenstern ins Zentrum seines Schauspiels, das Wilgenbus mit Becketts viel bekannterem »Warten auf Godot« vergleicht. »Das ist so ähnlich, das ist wirklich Stoppard goes Beckett, bis in krasse Übernahmen von Motiven aus ›Warten auf Godot‹. Diese Konstellation wie Vladimir und Estragon und auch die Tatsache, dass es mal so philosophisch ist und dann wieder so clownesk und absurd.«

»Und Rosenkranz und Güldenstern sein tot.«

So fabuliert Rosenkranz darüber, wie es wohl wäre, tot zu sein, in einer Kiste zu liegen und einfach weg zu sein. Darin sieht Wilgenbus »Sein oder Nichtsein« gespiegelt. »So geht’s denen hier auch. Die reden ja nicht von Anfang an über ihre Sterblichkeit. Stoppard nimmt diesen Hamlet-Monolog und geht ihn Zeile für Zeile durch und arbeitet ihn mit diesen beiden Figuren ab. Ich meine, was wird da verhandelt? Man findet Hamlets Gedankenprozess wieder, die Angst vor etwas nach dem Tod, das uns zögern lässt.«

Das Ende der beiden ist vorprogrammiert, heißt es doch in »Hamlet«, 5. Aufzug, 2. Auftritt: »Und Rosenkranz und Güldenstern sein tot.« Bei Stoppard lesen die beiden im Brief an den König von England, dass sie schnell zu Tode befördert werden sollen. Sie könnten noch fliehen, tun es aber nicht. »Das ist ja das Verrückte«, stellt Wilgenbus fest, »das sagt ja der Güldenstern, irgendwo muss es einen Punkt gegeben haben, wo wir hätten aussteigen können, den haben wir verpasst.« Was vielleicht daran liegt, dass ihre Existenz unvollständig ist. Was Shakespeare nicht über sie geschrieben hat, können die beiden nicht wissen. Diese Leerstellen versuchen sie zu füllen. Mit pingpongartigen Dialogen und absurden Spielen, die zu keinem Ergebnis führen, dafür aber existenzielle Fragen aufwerfen, wie der Regisseur ausführt: »Warum sind wir eigentlich da? Und wenn wir dann schon da sind, dann soll es doch wenigstens Spaß machen, wenn’s schon keinen Sinn macht. An solche Grenzen kommen die immer.« Und das ist dann doch wieder komisch. Während Rosenkranz sich noch ganz ans Wegsein, an den Tod ranphilosophiert, stupst Güldenstern ihn ungeduldig an: »Komm, spiel mit mir.« ||

ROSENKRANZ UND GÜLDENSTERN
Hofspielhaus | Falkenturmstr. 8 | 11., 13.,
24.–27. Mai, 8., 9., 15., 16., 29. Juni| 20 Uhr
18. Juni| 18 Uhr | Tickets: 089 24209333

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